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Abbenrodes Lebensmittelmarkt macht Ende April dicht Nach Einbruchsserie droht Schließung

Von Rainer Marschel 18.01.2011, 04:27

Was im Oktober 1991 für Dieter Kowasch begann, scheint einen bitteren Beigeschmack zu hinterlassen. Der Wernigeröder betreibt Lebensmittelmärkte in Eilsleben, Heudeber und Abbenrode. Letzterer muss nach einer Einbruchserie wahrscheinlich Ende April geschlossen werden.

Abbenrode. Der Markt in Abbenrode war sein erster von mittlerweile drei Lebensmittelmärkten. Dieter Kowasch startete damit im Herbst 1991. Ursprünglich war er nur als Urlaubsvertretung vorgesehen. Als der dortige "Konsum" aufgab, übernahm Kowasch kurzerhand den Laden. In diesem Jahr ist das genau 20 Jahre her. Doch Grund zum Feiern dürfte beim Chef kaum aufkommen.

Der letzte versuchte Einbruch war erst im Dezember: ernüchternde Routine. Auch wenn dieser Einbruch ausnahmsweise mal misslingen sollte, ist es für Kowasch nur noch eine zusätzliche Bestätigung, dass die Kündigung für Ende April richtig und unvermeidbar war. Er mag sich auch nicht vorstellen, was gewesen wäre, wenn er zwischenzeitlich einen weiteren Vertrag über die nächsten fünf Jahre abgeschlossen hätte.

Acht Einbrüche in nur zwei Jahren, davon drei versuchte. Längst habe die Versicherung mit Kündigung gedroht. Zu groß sei das Risiko, gerade in Abbenrode, so Kowasch. Dort beließen es die Einbrecher irgendwann nicht mehr, die vergitterten Türen aufzuhebeln, sondern stiegen innerhalb von nur einer Woche gleich zweimal durchs Dach ein. Kowasch: "Ohne Versicherung wäre ein Weiterbetrieb an so einem Standort grob fahrlässig."

Sein Laden ist Teil einer desolaten Baracke der damaligen NVA aus DDR-Zeiten. Diese nutzen neben dem Geschäft noch eine Arztpraxis sowie ein Friseur. Auch das Gemeindebüro ist mit integriert. In einen ebenfalls dort befindlichen Jugendklub wurde vor gut zwei Jahren noch gehörig investiert. Aber der ist schon lange wieder geschlossen. "Für diese ¿Hütte‘ immer noch viel Geld, was ich als Miete zu zahlen habe", meint Kowasch gestern. Im Prinzip sei 20 Jahre in das Haus nicht wirklich investiert worden, vom Jugendklub einmal abgesehen. "Pappwände", nicht isolierte Fenster, kaputte Dachrinnen: die Liste der Baumängel scheint nach Aussage des Geschäftsführers endlos: "Wenn es regnet, läuft mir das Wasser in den Laden rein."

Der Gesamtschaden durch die Diebstähle von Alkohol, Zigaretten und Süßigkeiten, einschließlich Reparaturen übersteige inzwischen die 15 000 Euro-Grenze. So jedenfalls seine grobe Schätzung. "Ich habe mich ja kaum noch getraut, Zigaretten für die Kunden öffentlich auszulegen. Die mussten dann schon versteckt werden. Aber selbst dieses Versteck kannte der Täter letztlich, weil auch das zielgerichtet aufgebrochen worden war."

Schaden übersteigt 15 000-Euro-Grenze

Nicht unmaßgeblich führe aber noch ein weiterer Umstand zu einer wachsenden Schieflage zwischen steigenden Unterhaltungskosten bei gleichzeitig sinkenden Einnahmen. Es seien die immer öfter auftauchenden fliegenden Händler mit ihren Verkaufswagen. Diese würden in Abbenrode oft nur wenige Meter von seinem Laden entfernt stehen. Kowasch: "Dagegen bist du als Einzelhändler chancenlos, zumal es immer mehr werden."

Inzwischen hat sich allerdings Überraschendes getan. Zum einen meldete sich am Montag in der Nordharzer Verwaltung ein Interessent, der offensichtlich eine kleine Notiz zum Thema in der gestrigen Ausgabe der Harzer Volksstimme gelesen hatte. Er wolle sich das Objekt "zumindest einmal ansehen". Zum anderen ist plötzlich auch Dieter Kowasch selbst bereit, bei Zahlung eines nur noch symbolischen Mietpreises, "bis Ende dieses Jahres in Abbenrode durchzuhalten". Andernfalls will er dabei bleiben, dass Ende April geschlossen wird.

Die Friseurin in der "Baracke" bringt es auf den Punkt, was im Ort viele denken: "Die Abbenröder wären im Falle einer Schließung ganz schön schlecht dran." Zu jenen, die sie damit vor allem meinen könnte, zählt die 76-jährige Irmgard Köhler: "Wir haben kein Auto. Gerade im Winter wird das ganz schwierig. Im Sommer werde ich wohl die vier Kilometer mit dem Fahrrad nach Stapelburg fahren müssen". Andreas Weihe: "Uns kommt damit die letzte Einkaufsmöglichkeit abhanden. Ich bin einfach nur traurig. Der Laden hätte viel früher verkleinert werden müssen."