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Altes Haus im Oberharzort Sorge erlebt eine wechselvolle Geschichte / Suche nach Bauzeichnung "Sorgenfrei" stimmt eigentlich nie

Von Jürgen Kohlrausch und Burkhard Falkner 25.10.2014, 01:12

Das 1771 erbaute Haus und spätere Hotel "Sorgenfrei" im Oberharzort Sorge erlebte wechselvolle Zeiten. Jetzt wird es nach 17 Jahren Verfall saniert. Doch die Baupläne sind verschollen und werden gesucht.

Sorge l Es zieht wieder Leben ein ins einstmals beste Haus am Platze des kleinen Oberharzortes Sorge. Eigentümer Hans Dorrestijn ist mit Helfern dabei, das Haus nach etwa 17 Jahren Leerstand in Schuss zu bringen. Die Fassade ist schon ansehnlich, erste Zimmer sind fertig, einige Gäste bereits da. Am 2. November wird im "Sorgenfrei" das Jubiläum "25 Jahre Grenzöffnung" gefeiert. Ob die Teilnehmer wissen werden, dass die Podiumsdiskussion zum Thema Grenze nur der neueste Markstein in einer langen, meist sorgenvollen Geschichte dieses Hauses ist?

Denn frei von Sorgen, so geht es aus den Chroniken hervor, waren die Eigentümer und Nutzer des Gebäudes eigentlich nie. Deshalb hieß das 1771 von Hüttenbesitzer Daniel Itzig errichtete, markante Haus unweit der Bodebrücke anfangs nicht so. Der Lebensalltag in jenen Jahren dürfte sorgenvoll genug gewesen sein.

Mit einem großen Umbau in den Jahren von 1895 bis 1899 trugen die Sorger dem damals bereits einsetzenden Sommerkurbetrieb Rechnung. Und als die Nordhausen-Wernigeroder-Eisenbahn von 1899 an immer mehr Sommergäste in den Harz brachte, investierte Hüttenbesitzer Emil Vogel nochmals kräftig. So erhielt das Hotel im Obergeschoss eine Anzahl Fremdenzimmer, auch ein großer Anbau wurde errichtet. Zwei Jahre später kam eine geräumige Holzveranda hinzu.

Die große Eröffnungsfeier fand im Jahre 1902 statt. Und erstmals konnten zumindest einige Gäste offenbar sorgenfreie Tage in dem Haus verleben. 1914 jedenfalls gab der damalige Wirt namens Koppelmann dem Haus den Namen "Sorgenfrei". Sicher auch, um den nicht so werbeträchtigen Ortsnamen aufzuwerten.

Doch bald kamen zwei Weltkriege und Wirtschaftskrise samt Sorgen ums Überleben. 1945 diente das Hotel den sowjetischen Besatzungstruppen als Kommandostelle, danach als Notunterkunft für Umsiedler. Es war in einem schlechten Zustand, als Eigentümer Helmut Vogel im Interesse des Gemeindelebens versuchte, den Gastwirtschaftsbetrieb wieder zu beleben. Umfassende Renovierungen waren notwendig. Sie wurden irgendwie bewerkstelligt, und am 22. Dezember 1946 öffnete das "Sorgenfrei" seine Türen für Gäste. Dieses neue Glück währte jedoch nicht lange.

Familie Vogel wurde enteignet, das Hotel "Sorgenfrei" in Volkseigentum überführt. In ihm richtete sich nun erst einmal die Grenzpolizei ein. Auch ein Lebensmittelladen fand hier Platz. Schließlich kam es in der DDR-Zeit wieder, zumindest für einige Zeit und für einige Gäste, zum sorgenfreien Urlaubsleben. Haus "Sorgenfrei" wurde Ferienheim der DDR-Gewerkschaft. Ein Urlaubsplatz im abgeschirmten Dorf in der Sperrzone an der deutsch-deutschen Grenze stand allerdings nicht jedem offen. Nach der Wende verursachte ein Hin und Her um Rückübertragung und Eigentumsfragen trotz des nun freien Urlaubsmarktes ganz neue Sorgen. 1997 wurde das Haus geschlossen. Und blieb es bis vor etwa drei Jahren.

Da bahnte sich eine neue Nutzung an. Hans Dorrestijn aus Holland übernahm das inzwischen marode Haus und begann zu renovieren. In kleinen Schritten hauchte er dem Gebäude wieder Leben ein. Das Problem dabei: Dorrestijn fehlen die alten Bauzeichnungen zu dem Gebäude. Die Suche danach blieb bisher erfolglos.

"Vielleicht weiß ja jemand in Sorge oder anderswo etwas über diese Unterlagen und kann helfen", hofft Dorrestijn und arbeitet mit Helfern emsig weiter. Einige Zimmer sind als Kategorie "Herberge" bereits wieder in Betrieb. Und der Raum für die Podiumsdiskussion am 2. November, so Dorrestijn, werde bald fertig sein.