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Kameraden müssen mit 65 Jahren in den Ruhestand gehen - auch im Harz regt sich dagegen Widerstand Feuerwehren gegen Zwangspensionierung

Von Dennis Lotzmann 15.05.2015, 03:18

Das Renteneintrittsalter steigt, aber ehrenamtliche Feuerwehrleute müssen weiter mit 65 in die Zwangspensionierung. Dagegen regt sich nicht nur im Harz Widerstand. Das Land meldet allerdings Bedenken an.

Halberstadt/Benneckenstein/Magdeburg l Eine Altersgrenze für aktive Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren? Dirk Czekay, seines Zeichens Stadtwehrleiter der Feuerwehren in der Stadt Oberharz am Brocken, hat dazu eine klare Meinung: "Aus meiner Sicht ist das völlig unnötig. Ich plädiere dafür, die jetzige starre Altersgrenze zu streichen." Eine Meinung, mit der der Hauptbrandmeister keineswegs allein ist. Auch Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse hält die im jetzigen Landes-Brandschutzgesetz fixierte Regelung für "nicht mehr zeitgemäß".

Der Vorstoß der beiden Wehrleute kommt nicht von ungefähr. Nicht nur im Harz gibt es Unmut über die Regelungen. In vielen Landkreisen nähern sich Feuerwehrleute im Ehrenamt jener magischen Altersgrenze und ärgern sich, weil sie gern noch etwas länger bei "ihrer" Feuerwehr tätig sein möchten. Nicht nur als passives Mitglied in Alters- oder Ehrenabteilungen, sondern durchaus noch im aktiven Dienst. "Ganz bestimmt nicht mehr an vorderster Front im Löscheinsatz - das überlassen wir den jüngeren Kameraden. Aber warum nicht in der zweiten oder dritten Reihe", so der Tenor bei betroffenen Kameraden im Harzkreis.

Bei Lohse und Czekay rennen sie offene Türen ein. Die beiden Feuerwehr-Führungskräfte sehen nicht nur den Wunsch vieler Senioren, noch aktiv zu bleiben, sondern auch die personelle Not bei vielen freiwilligen Wehren. Da viele jüngere Mitglieder tagsüber fernab ihrer Kommunen arbeiten, seien oft nur die älteren Semester vor Ort. Und: Lohse und Czekay sehen noch eine Diskrepanz: Während das Rentenalter auf 67 klettert und immer mal wieder über eine weitere Anhebung debattiert wird, soll für Wehrleute mit 65 zwangsweise Schluss sein. Das passe nicht zusammen.

Michael Kraska vom Innenministerium warnt jedoch davor, den Dienst bei den Wehren automatisch mit dem Rentenalter zu verbinden. "Der Gesetzgeber hat die Altershöchstgrenze nicht vordergründig an das Renteneintrittsalter gekoppelt, sondern wollte damit insbesondere den körperlichen Anforderungen und Anstrengungen, denen die Einsatzkräfte bei ihren Einsätzen unterliegen, Rechnung tragen", lässt der Sprecher im Innenministerium wissen. Es gebe da eine Fürsorgepflicht.

Jene Fürsorgepflicht wollen Lohse und Czekay keineswegs wegdiskutieren. Aber auch die zieht aus ihrer Sicht nicht: "Wir reden hier vom Ehrenamt. Jeder kann seinen Dienst jederzeit beenden", erinnert Lohse. Soll heißen: Wer an seine körperlichen Grenzen stoße, könne sich beispielsweise bereits mit 58 Jahren aus dem aktiven Dienst verabschieden. Im Umkehrschluss sollte jedoch Kameraden auch eingeräumt werden, noch mit 70 oder 75 Jahren den Dienst zu machen, den er leisten könne und wolle, ergänzt Czekay. "Beim Staatsoberhaupt gibt es auch keine Altersgrenzen."

Lohse und Czekay kennen genügend Möglichkeiten, wo gestandene Wehrleute älteren Semesters noch im aktiven Dienst tätig sein können. Im Einsatzleitwagen an der Computer- oder Funktechnik, bei Handreichungen in der zweiten Reihe, als Maschinist und Fahrer oder einfach nur mit dem Wissen und der Erfahrung aus jahrzehntelangem Dienst. Das sei ein nicht zu unterschätzendes Pfund, warnt Czekay. "Müssen die Kameraden mit 65 gehen, schneide ich sämtliche Erfahrungen ab."

Das müsse nicht zwangsläufig sein, entgegnet Kraska. Auch in Alters- und Ehrenabteilungen könnten Wehrleute noch ihre Erfahrungen einbringen. Dann aber als passive Mitglieder und nicht mehr direkt bei Einsätzen.

Aus Lohses Sicht rücken natürlich körperliche und gesundheitliche Fragen mit steigendem Lebensalter stärker in den Fokus. Und damit auch Versicherungsfragen bei Einsätzen. Hier sieht Lohse generell Nachholbedarf: "Freiwillige Wehrleute unterliegen laut Gesetz grundsätzlich keinem gesundheitlichen Check." Ob und in welcher Form sie einmal oder regelmäßig auf ihre Tauglichkeit hin untersucht werden, liege im Spielraum der Träger, also der Kommunen. "Allein für Atemschutzgeräte-Träger gibt es hier Vorschriften", sagt Lohse.

Der Kreisbrandmeister hat klare Vorstellungen: "Ich bin für einen generellen Gesundheitscheck in bestimmten Abständen. Das kann helfen, Probleme und Schwierigkeiten rechtzeitig zu erkennen. Und so, wie der Arzt stärker in die Tauglichkeitsfrage einbezogen wird, könnte man auch die starre Altersgrenze kippen." Ein Punkt, an dem Dirk Czekay nickt. Er hat in den vergangenen Monaten einige gestandene Kameraden an den Zwangs-Ruhestand verloren. Er will aber in dieser Frage - ebenso wie Kai-Uwe Lohse - Diskussionen bemerkt haben. "Wir haben da schon oft drüber gesprochen", sagt Lohse, seit zwei Wochen Chef des Landes-Feuerwehrverbandes. Czekay spricht mit Blick auf eine Novellierung des Brandschutzgesetzes davon, dass wohl konkret eine Heraufsetzung des Pensionsalters "auf 68 Jahre im Gespräch sei".

Derartige Planungen seien im zuständigen Fachreferat jedoch nicht bekannt, erklärt Ministeriumssprecher Kraska.