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Der Silstedter Wolfgang Seeger restauriert alte landwirtschaftliche Maschinen Ein Traktor ist nicht genug

Von Theo Weisenburger 19.05.2015, 01:23

Es ist ein Hobby, das viel Platz benötigt. Der Silstedter Wolfgang Seeger sammelt alte Traktoren. Zu besonderen Gelegenheiten fährt er die Oldtimer aus der Scheune.

Silstedt l Vor ein paar Wochen musste selbst Wolfgang Seeger passen. Die Landeskommission von "Unser Dorf hat Zukunft" war in Silstedt. Die Delegation aus der Landeshauptstadt sollte stilgerecht per Traktor und angehängtem Kremser durchs Dorf chauffiert werden. Doch Seegers ursprünglich dafür vorgesehenes Gefährt war zu klein, die Kollegen der Agrargenossenschaft halfen aus.

Dass der 53-jährige Silstedter die Waffen strecken muss, kommt eher selten vor. Denn eigentlich weiß er immer einen Ausweg. Muss er auch, denn bei seinem Hobby geht es nicht ohne viel Kreativität. Wolfgang Seeger sammelt Traktoren. Aber nicht irgendwelche. Alt müssen sie sein und früher in der DDR-Landwirtschaft eingesetzt worden sein. "Wir haben keinen West-Trecker", sagt Seeger. Dass dem so ist, hängt ein wenig mit seiner eigenen Vergangenheit zusammen. Der Silstedter war früher einmal selbst in der Landwirtschaft tätig und hat dort die großen Maschinen schätzen gelernt. Wie sie funktionieren, das weiß er seitdem auch.

Das kommt ihm immer noch zu Gute. 20 alte Traktoren stehen mittlerweile in Seegers Scheune und - weil der Schuppen mittlerweile zu klein ist - noch an anderen Stellen im Dorf. Das älteste Gefährt stammt aus dem Jahr 1957. Doch das stolze Alter sieht man ihm nicht an. Eben so wie die übrigen landwirtschaftlichen Oldtimer in Seegers Besitz glänzt er wie neu. Und nur der Fachmann sieht, dass viel Arbeit und vor allem viele neue Teile drin stecken.

Es sind meist keine besonders gut erhaltenen Trecker, die Seeger in Zeitungsanzeigen, im Internet oder bei Überlandfahrten irgendwo auf einem Gehöft entdeckt. Oft genug sind es seit langem ausrangierte und dementsprechend desolate Maschinen. Wenn ihm eine davon gefällt, wird der Traktor gekauft, auf den Anhänger geladen und ins heimische Silstedt kutschiert. Dort, in der Werkstatt, geht die eigentliche Arbeit erst los. Seeger, tatkräftig unterstützt von Ehefrau Karola Pfützner und Sohn Marco, fängt an, das gute Stück Teil für Teil wieder herzurichten. Oder, was laut Seeger häufiger vorkommt: "Das meiste mache ich selbst. Ich baue alles nach." Ersatzteile sind eben schwer zu bekommen. Manchmal weiß Seeger selbst noch, wie das fehlende Teil im Originalzustand ausgesehen hat, manchmal muss er im Internet recherchieren. Und dann wird gefräst und geschraubt und erst Ruhe gegeben, wenn der Oldtimer aussieht, als wäre er erst gestern vom Band gelaufen.

Und warum macht der Silstedter das? Seeger, der ohnehin kein Freund großer Worte ist, hat auch darauf nur eine kurze, aber einleuchtende Antwort: "Es macht einfach Spaß."

Spaß macht sicherlich auch, wenn er seine schick herausgeputzten Traktoren präsentieren darf oder mit dem Oldtimer samt Anhänger die Leute chauffiert. Beim Erntedankfest in Silstedt etwa, auf Dorffesten, beim Sachsen-Anhalt-Tag oder vergangene Woche beim Herrentag. Da präsentierte Seeger seinen Fuhrpark auf der Wiese vor dem Haus, Frau Karola verkaufte Kaffee und selbstgebackenen Kuchen, Sohn Marco brutzelte Bratwürste und viele Ausflügler kamen, staunten und waren begeistert.