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Fahrt ins Unbekannte Per Kutsche aus dem Schwarzwald an die Ostsee

Wolfgang Potthin aus dem Südschwarzwald ist mit seiner Pferdekutsche unterwegs an die Ostsee. Vor dem Wernigeröder Rathaus musste der 67-Jährige am gestrigen Montag unbedingt eine Pause einlegen - der malerischen Kulisse wegen.

Von Katrin Schröder 30.06.2015, 03:06

Wernigerode l Auf dem Wernigeröder Marktplatz sorgen "Max" und "Biewes" für Aufsehen. Dabei sind die beiden Haflinger, 19 und 20 Jahre alt, ganz entspannt. "Die bringt nichts aus der Ruhe", sagt Wolfgang Potthin. Der 67-Jährige aus Schopfheim hat die Pferde vor seine Kutsche gespannt, mit der er derzeit auf großer Tour quer durch Deutschland ist. 971 Kilometer hat der Mann aus dem Südschwarzwald seit Ende Mai bereits zurückgelegt. Am gestrigen Montag fuhr er vor dem Wernigeröder Rathaus vor. "Das habe ich mir schon seit Langem vorgenommen", berichtet Potthin - die malerische Kulisse des historischen Amtssitzes hat es ihm angetan.

Mitfahrerer wechseln jede Woche

Mit der Fahrt von seinem Heimatort nahe der Schweizer Grenze bis auf die Ostseeinsel Poel verwirklicht der Rentner einen lang gehegten Traum. "Ich habe schon viele Touren unternommen, aber noch keine so lange", sagt Potthin, der sich seit Jahren dem Reiten und Fahren verschrieben hat. Ursprünglich wollte er von seinem Geburtsort Bölzke im Norden Brandenburgs aus Richtung Ostsee starten, doch schließlich entschied sich Potthin für die große Runde.

Diese unternimmt er nicht allein. "Ich habe das Glück, dass ich viele Freunde habe, die mich begleiten", sagt der Süddeutsche. Die Mitfahrer reisen ihm nach und wechseln sich im Wochenrhythmus ab - wie Thomas Fox, der in Wernigerode zusteigt. Nur Ursula Friedlin reist ab Würzburg die komplette Strecke mit. "Das ist einfach nur Erlebnis pur", schwärmt die 51-Jährige.

Kochgelegenheit dabei

Was nicht bedeutet, dass es immer leicht ist: "Wir haben viele Tage schlechtes Wetter gehabt, mit Starkregen und Sturm", berichtet Potthin. Geschlafen wird im Wagen, der entsprechend umgebaut werden kann, auch eine Kochgelegenheit hat der Hobbykutscher dabei. "Die Hauptsache ist, dass die Pferde es gut haben", sagt Ursel Friedlin und streicht "Max" und "Biewes" über die Mähnen.

Vom widrigen Wetter lassen sich Potthin und seine Mannschaft nicht abhalten, weil ihnen die Tour im Zwei-PS-Gespann viel Freude bereitet. "Das ist entschleunigtes Reisen im Einklang mit der Natur", schwärmt der Kutscher.

Nächste Station Heudeber

Hinzu kommt ein Hauch von Abenteuer. "Wir wissen vorher nie genau, wo wir landen werden", sagt Ursel Friedlin. Das sei kein Problem, unterwegs lernte man viele Leute kennen. "Am Freitag waren wir in Pullman City in Hasselfelde", so Potthin. Am Tag darauf ging es nach Heimburg und dann nach Wernigerode. "Man lernt Land und Leute kennen. Mit dem Auto ginge das gar nicht." Die nächste Station ist Heudeber, wo Potthin einen alten Bekannten besuchen möchte.

Wenn die Kutschertruppe aus dem Süden die Insel Poel erreicht, steht als erstes der Besuch in einem Fischrestaurant auf dem Programm .Schon am nächsten Tag reisen Wolfgang Potthin und seine Mitstreiter wieder zurück. Die Kutsche wird dann auf einen Anhänger geladen. Weitere Touren hat der 67-Jährige nicht geplant. Er ist froh, dass er sich auf den Weg begeben hat. "Man muss sich einfach mal sagen: Ich mache es jetzt! Und nicht damit warten, bis es zu spät ist."