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Archäologische Grabungen am Kloster Michaelstein ausgewertet Wenig Mittelalter, aber wieder neue Rätsel

Von Jens Müller 14.03.2011, 05:33

Auch wenn sie keinen Goldschatz zu Tage gefördert haben, brachten die archäologischen Grabungen auf dem Gelände des Klosters Michaelstein etwas Licht in ein bisher unbekanntes Stück Klostergeschichte - und neue Rätsel.

Blankenburg. "Wir haben gehofft, dass wir auf eine mittelalterliche Kulturschichte stoßen. Aber wir wurden schwer enttäuscht", sagt Dr. Uwe Fiedler. Lediglich eine einzige mittelalterliche Scherbe fand sich bei seiner Grabung in der großen Scheune auf dem Gelände des Klosters Michaelstein. Immerhin: Eine Feuersteinklinge aus der Jungsteinzeit bedeutet den ersten prähistorischen Fund auf dem Klostergelände und ist für Fiedler der älteste Nachweis für eine Besiedlung dieses Areals.

Zusammen mit einer Zeichnerin und fünf Arbeitern spürte Dr. Uwe Fiedler mehr als drei Monate in Michaelstein den Spuren der Vergangenheit nach. Grund waren die umfangreichen Erschließungsarbeiten sowie die aktuellen Um- und Ausbauten der "Musikscheune" zu einem multifunktionalen Konzertsaal. In jüngerer Vergangenheit muss es dort schon einmal einen großflächigen Erdaustausch gegeben haben. Darauf lässt ein besonderer Fund schließen, der die Grabungsleute schmunzeln ließ: eine Anstecknadel mit der Aufschrift "18 Jahre DDR".

Die Archäologen stießen bei ihren Arbeiten aber auch auf wesentlich aussagekräftigere Funde. So legten sie in mehr als 3000 Arbeitsstunden zahlreiche Fundamente und Mauerreste frei, die ihnen Aufschlüsse über die einstige Bebauung des Klosterareals und der Kirche gaben. Denn obwohl es nachweislich bereits 1167 in Michaelstein klösterliches Leben gab, stammt die älteste erhaltene Ansicht von einem Merian-Stich von 1652.

Bei den Arbeiten zwischen dem 13. September und 26. Dezember 2010 wurden unter anderem am sogenannten Abtshaus zwei Rundbögen über Kellereingängen freigelegt. "Das Abtshaus war ein bedeutendes Gebäude, auch wenn dort nicht unbedingt der Abt gesessen haben muss", sagt Dr. Uwe Fiedler nach Auswertung der Funde. Zudem muss das Haus bedeutend länger gewesen sein als heute.

Am Klausurgebäude des Klosters konnten die Wissenschaftler die Verlängerung des Westflügels nachweisen. Dort fanden sie eine zweischalige, mächtige Mauer mit einer ungewöhnlichen Dicke von 1,60 Meter. "Durch ältere Leitungsverlegung waren dort schon vier Fünftel abgebaut. Wir konnten das quasi in letzter Minute dokumentieren", so Fiedler, der die Länge des Flügels mit 14,20 Meter angibt.

Rätsel geben ihm dagegen noch Mauerreste auf, die aus dem späten 15. oder frühen 16. Jahrhundert stammen und Brandspuren aufweisen. Vermutlich handelte es sich um ein Gebäude, das nach einem großen Brand gesichert wurde.

"Ich hoffe sehr, dass wir irgendwann noch einmal Gelegenheit bekommen, dort zu graben", so Fiedler. Denn gerade an dieser Stelle an der Zufahrtsstraße zum Kloster konnte er eine mittelalterliche Bebauung feststellen, von der zuvor niemand etwas gewusst hat. "Ob es ein Wirtschaftsgebäude war oder das einstige Hospital - das steht in den Sternen."