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Innenstaatssekretär Rüdiger Erben (SPD) gestern Nachmittag zu Gast in der Polizei-Revierstation: "Als Kriminalitätsschwerpunkt ist mir Ilsenburg lange nicht untergekommen"

Von Rainer Marschel 18.02.2011, 04:35

Zweimal musste Innenstaatssekretär Rüdiger Erben (SPD) seinen angekündigten Besuch in Ilsenburgs Polizeiwache kurzfristig wieder absagen. Im dritten Anlauf nahm er sich gestern Nachmittag dann doch über eine Stunde Zeit, sich über die Situation vor Ort ein Bild zu machen. Vorher war Erben aus gleichem Anlass in Blankenburg.

Ilsenburg. Fünf Polizisten, einer hatte im Einsatz einen schweren Unfall in Darlingerode und fällt seit langem krankheitsbedingt aus, versehen ihren Schichtdienst in der Ilsenburger Revierstation. Ihnen stehen zwei Funkstreifenwagen, aber immer noch kein digitaler Polizeifunk zur Verfügung.

Mit diesem denkbar knappen Personal ist ein 24-stündiger Einsatz offenbar nicht mal theoretisch möglich. Am Wochenende sieht das allerdings anders aus. Klar habe die neue Autobahnpolizei zu einer gewissen personellen Entlastung beigetragen. Allerdings sei man sehr wohl auch jetzt noch auf der B 6 im Einsatz. Und das nicht ohne Grund, so Polizeihauptkommissar Uwe Großhennig. Ehe die Kollegen aus Quedlinburg die Nähe zur Landesgrenze erreichten, verginge mitunter eine halbe Stunde. Doch in dieser Zeit würden die Ilsenburger die Unfallstelle längst abgesperrt und gesichert haben. Mit der protokollarischen Aufnahme hätte man neuerdings aber nichts mehr zu tun, was am Unfallort mitunter zu Irritationen führe. Damit müssten Betroffene tatsächlich auf die Quedlinburger Autobahnpolizisten warten. Rüdiger Erben verhehlte dennoch nicht, an der jetzigen Praxis festhalten zu wollen.

"Ich bin Verfechter kleiner Reviere"

Abgesehen davon ist die Personaldecke auch so, dass jegliche Sachbearbeitung, wie Zeugenvernehmungen in Ilsenburg gar nicht mehr stattfinden. "Wenn wir jemanden vorladen, könnten wir gar nicht garantieren, dass wir auch hier sind", so Polizei-Chef Großhennig. Später meinte er an die Adresse des Staatssekretärs: "Können sie mir etwas zur Zukunft der Revierstation sagen?" Dieser entgegnete: "Ich bin ein Verfechter kleiner Reviere! Ich weiß, welche verheerende Wirkung es in der Bevölkerung hätte, eine solche Polizeistation zu schließen."

In diesem Zusammenhang machte Erben – einmal mehr – auf das Phänomen der subjektiven Wahrnehmung und der objektiven Fakten aufmerksam. Zum ersten Mal in der Geschichte habe in Sachsen-Anhalt die Zahl der Straftaten unter der Grenze von 200 000 gelegen. Aber noch nie sei gleichzeitig das Bedrohungsgefühl, Opfer einer Straftat zu werden, so hoch. Erben: "Ilsenburg ist mir als Kriminalitätsschwerpunkt lange nicht untergekommen."

Der Aktionsradius der Ilsenburger Polizisten ist mit Einsätzen bis Hasselfelde, Osterwieck oder sogar Halberstadt bedeutend größer als vermutet. An dem Gespräch hatten mit Ronald Brachmann (SPD) und Andre Lüderitz (Linke) auch zwei Landtagsabgeordnete teilgenommen.