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Kritik an Vergabe- und Baukostenquerelen ist verstummt / Am 1. Oktober eröffnet in Quedlinburg neue Behörde für den gesamten HarzkreisBullerjahn: Freue mich über das neue Finanzamt

Von Tom Koch 10.09.2009, 05:01

Ab 1. Oktober öffnet das neue, das gemeinsame Harzer Finanzamt seine Behördentür. Der Klopstockweg in Quedlinburg ist die neue Adresse. Der aufwändige Umbau ist politisch noch immer umstritten, dennoch zeigt sich Finanzminister Jens Bullerjahn bereits jetzt zufrieden über seine Standortentscheidung.

Quedlinburg. Das Tauziehen – auch hinter den politischen Kulissen – war gewaltig. Drei Städte wollten das gemeinsame Harzer Finanzamt innerhalb ihrer Mauern wissen. Monatelang war beraten, an Konzepten gerechnet und verhandelt worden, dann stand fest : Die mächtige Mertik-Ruine in Quedlinburgs Klopstockweg soll zur Finanzbehörde umgebaut werden. Halberstadt trotz Kreissitz und günstiger Immobilienangebote ging im Standortpoker leer aus. Die Wernigeröder können sich immerhin damit trösten, dass sie im Gegenzug den Hauptsitz der Harzsparkasse erhalten haben. Und die Quedlinburger selbst freuen sich nicht nur über 360 Arbeitsplätze, sondern auch darüber, dass vis-àvis vom Bahnhof ein langjähriger Schandfleck inzwischen der Vergangenheit angehört.

Am Dienstag strahlte Finanzminister Jens Bullerjahn mit der Thalenser

Sonne um die Wette : " Da haben wir für die Harzregion doch etwas Gutes hinbekommen,

oder ?", fragt der SPD-Politiker. Er freue sich bereits auf die Eröffnungsveranstaltung, und alle Kritiker von einst werden dann den Neubau und die dort viel besseren Arbeitsbedingungen für die Finanzbehörde loben, gibt sich Bullerjahn zuversichtlich.

7, 8 Millionen Euro hat es gekostet, die Mertik-Ruine zum Behördenstandort werden zu lassen. Geld, das ein Wernigeröder Bauunternehmen für die schlüsselfertige Übergabe zum 31. August erhalten hat. Dass dieser Auftrag ohne Ausschreibung erteilt wurde, hat dem SPD-Politiker neuen Ärger eingehandelt. Seine Juristen hatten Bedenken vom Tisch gewischt, wonach ein Bieterwettbewerb zwingend notwendig gewesen sei. Entsprechende Hinweise hatte die landeseigene Liegenschaftsgesellschaft niedergeschrieben. Inzwischen ist sogar die Brüsseler EUKommission zur Auffassung gelangt, die freihändige Vergabe verstoße gegen geltendes Recht. Wie dieses Ungemach ausgeht, ist ungewiss. Bullerjahn hatte dazu im Frühjahr der Volksstimme gesagt, man warte erst mal ab. Womöglich müsse ein Gericht in dem Vergabestreit entscheiden.

Dass überhaupt in Quedlinburg ein neues Finanzamt erbaut wurde, liegt an der Strukturreform des Landes auch innerhalb der Finanzverwaltung. Danach soll die Zahl der Finanzämter in Sachsen-Anhalt von 21 auf 14 im Jahr 2011 reduziert werden. Binnen zehn Jahren sollen so 20 Millionen Euro eingespart werden, hatte Bullerjahn angekündigt.

Sein Amtsvorgänger Karl-Heinz Paqué ( FDP ) hatte jedoch mehrfach solchen Fusionsplänen und daraus geschlussfolgerten Einsparungen eine Absage erteilt. Der heutige Finanzminister war später unter zusätzlichen politischen Druck geraten, weil Ministerialbeamte seines Hauses und des Verkehrsministeriums geschludert hatten. Vor knapp zwei Jahren hatten sie landesweit für Empörung damit gesorgt, dass sie für den Quedlinburger Finanzamtsbau eine Summe von 13, 25 Millionen Euro in den Regierungsbeschluss hineingeschrieben hatten. Dabei war die Kabinettsrunde unter Ministerpräsident Wolfgang Böhmer ( CDU ) stets von gerade einmal 5, 5 Millionen Euro an Baukosten ausgegangen. Als " eine Verkettung unglücklicher Umstände " musste Bullerjahn den 13, 25-Millionen-Fehler bezeichnen. Gleichzeitig bekräftigte der SPD-Politiker seinerzeit, " dass 5, 7 Millionen Euro als oberer Kostenrahmen im Haushalt eingeplant sind ". Diese Bausumme war jedoch genauso wenig zu halten wie die anfängliche politische Aussage, das wirtschaftlichste Angebot erhalte den Finanzamtszuschlag. Diese Verteuerung bezeichnete daraufhin Bullerjahn " als politisch vertretbar ". Auch die Entscheidung für die teurere Variante in Quedlinburg, weil " für die Unesco-Welterbestadt auch strukturpolitische Gründe einen Ausschlag gegeben " hätten.

Das alles ist inzwischen mehr als zwei Jahre her. Die Kritiker von der Magdeburger Politbühne und aus der Harzer Provinz sind lange verstummt, und nicht nur der Finanzminister freut sich auf die Neueröffnung seiner Quedlinburger Behörde.