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Welturaufführung im Halberstädter Dom "Aenigma": dem Rätsel der leuchtenden Sterne nachgespürt

Von Sabine Scholz 13.08.2009, 07:02

Halberstadt. Am Ende bekannte er, schon ein bisschen aufgeregt gewesen zu sein, der Berliner Komponist Ralf Hoyer. Erklang sein Werk am Sonnabend doch zum ersten Mal vor vielen Zuhörern. " Aenigma noctis et astrorum " heißt die Komposition, die er eigens für den Halberstädter Dom geschaffen hat. Mehrere hundert Menschen erlebten die zwei Aufführungen des modernen Orgelwerkes für vier Hände, das von Lothar Knappe und Lina Narubina erstmals " in die Welt entlassen " wurde.

Manche der Gäste dieser Welturaufführung mochten die sphärischen, grummelnden, f ependen Töne nicht. Doch die meisten waren begeistert und berührt von einer Musik, die körperlich wahrzunehmen war – und das in unterschiedlicher Intensität, je nachdem, wo im Dom man dieses 22 Minuten lange " Rätsel der Nacht und der Sterne " verfolgte. Je näher man an der Orgelempore war, um so intensiver, fast schmerzhaft pulsierten die manchmal fast elektronisch erzeugt klingenden Töne in die Körper. Der idealste Platz war wohl nahe des Altars, hier entfaltete sich ein Klangteppich der ganz besonderen Art.

Musik mit hohen und

extrem tiefen Tönen

Über hohe und extrem tiefe Tongefechte webte Hoyer Musik, die den Herzschlag des Domes wiederzugeben schien. Sein Werk ließ Platz für Assoziationen – wo die einen vielleicht bedrohliche, an Kriegsgewalt erinnernde Klänge hörten, nahmen andere sehr kraftvolle, vorwärtsdrängende Musik wahr. Und wer weiß, vielleicht wird sich mancher beim Blick in einen f irrenden Sternenhimmel immer wieder an dieses wundervolle Klangerlebnis erinnern.

Im passend zum Stück illuminierten Dom – in der Mitte des von Stühlen freigeräumten Langhauses lagen viele weiß leuchtende Sterne, überall an den Säulen und am Taufstein fackerten Teelichter– genossen die Gäste der Aufführungen die Musik. Viele gratulierten dem Berliner zu dem Stück, das im ersten Teil auch eine kurze Reminiszenz an das Cage-Projekt enthält. Hoyer, der die Musik des Amerikaners John Cage schätzt, scherzte denn auch nach der zweiten Aufführung auf die Frage, ob er noch ein weiteres Stück für Halberstadt plane : " Für Burchardi ? Ist schon besetzt, da käme ich erst nach Cage, also in knappen 630 Jahren. " Aber, die besondere Atmosphäre in Halberstadt – und nicht nur die den Bemühungen für eine gelungene Nacht der Kirchen geschuldete – habe ihn schon inspiriert. Dass vieles, was er sich klanglich für sein Werk erhofft hatte, auch aufgegangen war, freute ihn. So seien die Töne aus verschiedenen Richtungen gekommen – dank der Schwingungen im Dom. Diese besondere Akustik verdiene noch sehr viel mehr Aufmerksamkeit, sagte Hoyer. Vielleicht wären ja Stücke mit Orchester und Gesang eine nächste Herausforderung ...