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Zum Beginn des zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren Auch Blankenburgs Industrie rüstet auf

Von Wolfgang Reimann 31.08.2009, 05:02

Blankenburg. Blankenburg, kleinste braunschweigische Kreisstadt, hatte Mitte des Jahres 1939 14 280 Einwohner. Seit einem Jahr war sie durch die Eröffnung des " Teufelsbades " jüngste deutsche Kurstadt. Kurwesen und Fremdenverkehr sollten in Zukunft das Wirtschaftsleben entscheidend bestimmen. 29 Hotels und Gaststätten boten ihre Dienste an. Im September dieses Jahres erhielt die Stadt den Hasselfelder Curt Philipps, der in Blankenburg das Gymnasium besucht hatte und seit 1933 Bürgermeister in Königslutter war, als neues Stadtoberhaupt. In einem mehrseitigen Beitrag berichtete die " Harzer Tageszeitung " vom Baubeginn der Rappbodetalsperre. Die Vorbereitungen auf eine militärische Auseinandersetzung mit den Nachbarländern warfen sehr früh ihre Schatten voraus.

Noch vor der Verkündung der allgemeinen Wehrpfl icht wurde nördlich der Stadt der Bau einer modernen Kasernenanlage begonnen. Nach nur zehnmonatiger Bauzeit wurde die Regensteinkaserne am 15. Oktober 1935 der Wehrmacht übergeben. Im Heers wurden die Schießanlagen wesentlich erweitert, der ehemalige Exerzierplatz am Pfeifenkrug wieder für militärische Zwecke genutzt. In der Schlosskaserne wurden Männer der älteren wehrpfl ichtigen Jahrgänge und später Rekruten aus dem Sudetenland und dem Saarland militärisch gedrillt. Die UFA drehte einen Propaganda-Kurzfilm " Abschied von einer kleinen Garnison im Harz ", um der Jugend das Soldatenleben schmackhaft zu machen.

Auch die Wirtschaft leistete ihren Beitrag. So wurde die 1924 stillgelegte Eisenerzgrube Braunesumpf, zwischen Blankenburg und Hüttenrode reaktiviert. Nach eingehenden geologischen Untersuchungen wurde 1935 die Förderung des einst als minderwertig eingestuften Erzes mit 22 Bergleuten aufgenommen. Da es an Nachwuchs im Harz mangelte, wurden Fachkräfte aus anderen Bergbaurevieren geworben. Bereits 1938 wurden mit 470 Bergleuten monatlich 15 000 Tonnen Eisenerz gefördert. In der Oesig entstand eine Bergarbeitersiedlung mit 114 schmucken Einfamilienhäusern mit Garten. Jeder " Volksgenosse " sollte seinen Beitrag für eine Einschränkung von Lebensmittelimporten leisten. " Wir essen Selbstgemästetes " berichtete die Tageszeitung im Sommer 1939 von der städtischen Schweinemästerei, die die Tiere mit gesammelten Küchenabfällen fütterte.

Vertreter der Bergbau AG Lothringen – Harzer Werke hatten sich im Heereswaffenamt Berlin um Rüstungsaufträge bemüht. Der Betrieb war spezialisiert auf Gusserzeugnisse wie Heizkessel, Heizkörper und Kunstguss, konnte aber auch Erfahrungen der Munitionsherstellung im Ersten Weltkrieg vorweisen. So begann die Produktion von Gussteilen für das Volkswagenwerk Wolfsburg aber auch die Herstellung von Granaten und Panzerteilen. Selbst zwei Kleinbetriebe übernahmen 1939 die Produktion von Waffenteilen.

An Grenze verlegt

Seit dem 28. August gab es Bezugsscheine für lebenswichtige Versorgungsgüter, die Eisenbahn schränkte den Personenverkehr ein, ab 1. September galt die Verdunklungspfl icht. Kurz vor Kriegsbeginn wurde ein Teil der Blankenburger Garnison an die deutsch-polnische Grenze an die Weichsel verlegt. Unter der Überschrift " Blankenburger Infantrie vor Dirschau " berichtete ein Offi - zier in der Tageszeitung vom Überfall auf Polen.

So begann in der kleinen Stadt am Harzrand der Weg in die größte Katastrophe unserer Geschichte, die so viel Not und Elend über die Menschheit brachte.