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Neue Fassaden – Alte Geschichten / Teil 8 Traditionelles Handwerk verknüpft mit Tourismus

Von Andreas Fischer 26.05.2010, 05:22

In der Serie "Neue Fassaden - Alte Geschichten" stellt die Harzer Volksstimme die Historie interessanter Häuser in Wernigerode vor. Mit diesem Thema haben sich auch Heimatforscher wie Dr. Uwe Lagatz und Mitarbeiter der Oskar Kämmer Schule, unterstützt von der Kommunalen Beschäftigungsagentur, befasst. Ihre Erforschung der Stadtgeschichte fließt in die Beschreibungen mit ein. Der historische Rundgang wird auf der Breiten Straße fortgesetzt.

Wernigerode. "Liebe Familie Wittig, lieber Meister, Sie haben mit Ihrer Kunst und Ihrem Einsatz, mit Ihrer Freundlichkeit und Wärme unsere Stadt reich beschenkt." Das hat unter anderem Stadtrat Heinrich Hamel ins Gästebuch der Krellschen Schmiede geschrieben und dankt damit vor allem Wolf-Dieter Wittig und seiner Frau Anne, aber auch dem Gesellen und Lehrling, für ihr Engagement, dem traditionsreichen Haus neues Leben einzuhauchen.

Das Gebäude in der Breiten Straße 95 wurde 1678 als Schmiede erbaut. Der Handwerker Michel Krel kam aus Süddeutschland. Er brachte als neues Schmuckelement die geschweifte und durchkreuzte Raute mit, das Besondere dieser historischen Fachwerksfassade. Von Anfang an war das Haus als Huf-, Beschlag- und Wagenschmiede konzipiert worden. Das blieb es zunächst auch bis 1975. Im ersten Stock betrieb ein Sattler sein Geschäft, worauf der Pferdekopf an der Fassade hinweist. Hinter dem Haus befanden sich noch Gebäude für eine kleine Landwirtschaft.

Die Schmiedewerkstatt nimmt das gesamte Erdgeschoss ein und hat in der Mitte einen einzigen Stützpfosten. Über dem Tor hat der Erbauer seinen Namen und den seiner Frau hinterlassen: "M(eister) Michel Krel – Maria Werenpenig".

Die oberen Geschosse des Hauses, das ungefähr acht Meter breit ist, werden in der Mitte nur von einem einzigen Balken, dem "Krützboom" gestützt. Das Haus ist asymmetrisch gestaltet und bis in die Gegenwart nie verändert worden. Über dem Erdgeschoss fallen die Brüstungsgefache mit Andreaskreuzen auf. Das gewissermaßen dritte Obergeschoss wird durch eine Spitzgaube im Dach in voller Geschosshöhe erreicht und Zwerchhaus genannt. Es ist im 19. Jahrhundert entstanden.

"Sie haben mit Ihrer Kunst unsere Stadt reich beschenkt"

Überliefert sind mehrere Bewohner, so 1750 der Gastwirt, Huf- und Waffenschmiedemeister Johann Christoph Krell, im Gegensatz zu Michel Krel mit zwei l geschrieben. In der Literatur erwähnt sind ab 1787 der Gastwirt, Waffen- und Hufschmiedemeister Joh. Friedrich Krell und dessen Frau Sophie. 1823 der Schmiedemeister und Gastwirt Gottlieb Heinrich Ernst Krell und dessen Frau Luise. Die einzige Tochter von Ernst Krell heiratete den Schmied Niehoff aus Langeln, der die Schmiede übernahm. Dieser Familienname hielt sich bis zur Schließung 1975. So wird 1837 der Schmiedegesell Heinrich Mich Niehoff und dessen Frau Christiane erwähnt, 1878 der Schmiedemeister Heinrich Niehoff und dessen Frau Marie sowie 1901 der Schmiedemeister Karl Friedrich Wilhelm Niehoff und dessen Frau Anna. Nach einer Zeit der "sanften Ruhe" war das Gebäude durch Rudolf Nüchterlein zum Schmiedemuseum eingerichtet worden.

Im August 2008 pachtete Wolf-Dieter Wittig das Gebäude von der Stadt und eröffnete zu seinem 40. Geburtstag am 19. März 2009 die wieder produzierende Schmiede. Im historischen Gebäude finden inzwischen auch Schmiedekurse statt. Somit verknüpft sich traditionelles Handwerk mit Tourismus. Denn die "Lehrlinge auf Zeit" bleiben zwischen drei und sieben Tagen. Hergerichtet ist auch der Hof als Veranstaltungsstätte, der auch besich-tigt werden kann.