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Folge 13 der Serie "Eine Stunde": Schornsteinfeger Sebastian Bock kehrt die Kamine in der Gemeinde Barleben Mit einem Drahtbesen geht es hoch hinaus

Von Tina Gewandt 26.08.2014, 01:19

In Wolmirstedt, Barleben und der Niederen Börde leben viele interessante Menschen. Wir begleiten einige von ihnen eine Stunde lang bei der Arbeit oder bei ihrem Hobby. Folge 13: Unterwegs mit Schornsteinfeger Sebastian Bock.

Ebendorf l Sebastian Bock kraucht über staubige Böden, schlüpft durch kleine Luken auf die Dächer der Häuser und hantiert in luftigen Höhen mit Drahtbesen. Der 39-Jährige ist Schornsteinfeger und ist unter anderem auch in der Gemeinde Barleben unterwegs.

Der erste Schornstein, den Sebastian Bock an diesem Tag vom Ruß befreien muss, befindet sich in der Ebendorfer Kirchstraße. Der Schornsteinfeger holt ein großes Schlüsselbund aus seiner Tasche und probiert alle Schlüssel einzeln im Schloss des Haustors. "Der Hauseigentümer ist nicht zu Hause und hat mir seine Schlüssel gegeben", erklärt Bock. Dem Schornsteinfeger wird viel Vertrauen entgegen gebracht. "Es ist schon üblich, dass ich den Schlüssel vorher bekomme oder er unter dem Abtreter liegt, falls der Kunde nicht da ist. Man kennt sich ja."

Nachdem sich der Sebastian Bock Zugang verschafft hat, nimmt er das Kehrgerät und den Rußeimer aus seinem Pkw und betritt das Haus. Im Obergeschoss wurde die Treppe zum Dachboden schon heruntergeklappt. Mit dem Drahtbesen in der Hand macht sich Sebastian Bock auf den Weg bis ganz nach oben. Auf dem niedrigen Dachboden kann er nicht aufrecht stehen. Geduckt geht er ein paar Schritte in Richtung eines kleinen Fensters. Dadurch klettert er auf das Dach des Hauses. Sebastian Bock stellt sich vor den Schornstein und lässt den Drahtbesen in den Kamin herab. "Damit der Besen auch unten ankommt, hängt eine Eisenkugel mit dran", erklärt der 39-jährige Ebendorfer.

Mit dem Besen kehrt der Schornsteinfeger den Ruß von den Innenseiten des Luftschachtes. Der Ruß wiederum fällt auf die Schornsteinsole unten im Kamin. Dann zieht Bock den Besen wieder hoch und klettert wieder zurück ins Haus. "Die Arbeit dauert nicht lange, es sei denn, es ist eine Katze oder ein Waschbär in den Schornstein gefallen, dann muss ich das Tier da irgendwie wieder raus bekommen." Selbst das ist schon vorgekommen. Nun muss der Schornsteinfeger nur noch am Kamin im Wohnzimmer den Ruß in den dafür vorgesehenen Eimer kehren. Dazu öffnet Bock den Reinigungsverschluss an der Wand des Schachtes hinter dem eigentlichen Kamin. "Die heutigen Kamine sind meist nicht mehr offen, so wie früher. Der Ruß wird nicht direkt aus dem Kamin gekehrt", sagt Bock.

Der Hut ist ein Privileg

Der nächste Kunde wartet schon in Barleben. Sebastian Bock fährt mit seinem Kleintransporter auf ein Grundstück im Breite Weg. Hier steht ein 1860 erbautes Fachwerkhaus. Der Kaminschacht, der außen an der Hauswand verläuft, muss bis zu dreimal im Jahr gereinigt werden. "Der Kamin gehört zu dem alten Haus dazu, deshalb will ich ihn auch nutzen", erklärt Haus- eigentümer Mike Kersten. Der Schornsteinfeger macht sich an die Arbeit: "Hier kann ich von unten den Schacht reinigen", erläutert Sebastian Bock. "Diese Vorgehensweise nennt sich `haspeln`." Dafür kommt das Kehrgerät mit dem "steifen" Besen zum Einsatz. "Die Leine muss steif sein, damit ich den Besen den Kamin hoch drücken kann, um an den Ruß zu kommen."

Bei der Arbeit trägt der Schornsteinfeger gerne den dazugehörigen Anzug mit Hut. "Der Hut ist ein Privileg der Schornsteinfegermeister. Lehrlinge dürfen ihn noch nicht tragen." Zu Zeiten Friedrich II., König von Preußen im 18. Jahrhundert, sei das Tragen eines steifen Hutes nur den Adligen vorbehalten gewesen. "Friedrich der Große allerdings achtete den Beruf des Schornsteinfegers so hoch, dass diese Menschen als erste Bürger auch solche Kopfbedeckungen tragen durften", erläutert Sebastian Bock stolz.

Als er den Besen den Schacht hochdrückt, schlägt ihm eine große Rußwolke entgegen. Rasen und Steine werden vom Schwarz bedeckt. Mittlerweile sind auch die Hände des Schornsteinfegers vom Ruß gefärbt. Sebastian Bock schaufelt die schwarzen Holz-Überreste aus dem Schornstein in den Eimer, bis der voll ist. Anschließend holt er einen Staubsauger aus seinem Auto und saugt den Ruß vom Boden auf. "Das gehört schon mit dazu, wenn ich soviel Dreck mache", sagt er.

Seine letzte Station an diesem Tag befindet sich wieder in Ebendorf. Hier misst Sebastian Bock in einem Mehrfamilienhaus die Abgase der Heizung. Dazu packt der Ebendorfer einen großen Koffer voll technischer Werkzeuge aus. "Mit dem Messgerät, das an meinen Laptop gekoppelt ist, messe ich die Kohlenmonoxid-Werte der Heizung. Die müssen niedrig sein." Brummend legt das Gerät los. Doch keine giftigen Abgase sind messbar. Für den Schornsteinfeger ist jetzt Feierabend. "Jetzt gehe ich erstmal duschen", lacht Sebastian Bock.