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Experten schätzen den Wert von Gegenständen, die Bürger auf dem Dachboden hüten Mancher Besucher bringt ein "Testei"

Von Gudrun Billowie 29.09.2014, 03:28

Zum zweiten Mal waren Experten nach Wolmirstedt gekommen, um Schätze, die bei Bürgern auf Dachböden schlummern, zu bewerten. Über 100 Menschen stellten ihre Kostbarkeiten vor.

Wolmirstedt l Nicht alles, was auf den ersten Blick wertvoll erschien, hielt den geschulten Blicken der Kunstexperten und Uhrmachermeister stand. Die Experten verwiesen jedoch immer wieder auf den ideellen Wert für die Besitzer.

Peggy Gienapp hätte ihr Kaleidoskop ohnehin nicht verkauft. Das etwa 80 Zentimeter lange Spielzeug, in dem bunte Steinchen ein immer wieder neues Muster ergeben, hat sie von ihrer Mutter bekommen und die wiederum von ihrer Mutter. Kunsthistoriker Karl Klittich schätzte, dass das Kaleidoskop um 1900 hergestellt wurde und empfahl der Besitzerin, sich beim Buchbinder eine Schutzröhre dafür anfertigen zu lassen.

Noch älter soll das Fernrohr sein, das Peggy Gienapp vorlegte, nämlich von 1860. Das Fernrohr lässt sich wie ein Teleskop ausziehen und wurde früher in der Jackentasche getragen. In Piratenfilmen tauchen solche Fernrohre gerne auf.

Sonja Schröder hingegen hatte ein Bild mitgebracht. Der Maler hatte die Schule von Braunsbedra mit Öl verewigt. Karl Klittig schätzte den finanziellen Wert als gering ein. "Die Perspektive stimmt nicht", sah er sofort. Sonja Schröder wird das Bild weiter behalten, denn ihr Vater stammt aus Braunsbedra und somit erzählt das Bild ein Stück Familiengeschichte.

"Viele Besucher wollen wissen, was bei Aktionen herauskommen würde", erklärt der Kunsthistoriker, "wir geben in unseren Gesprächen ein Gefühl für den Marktwert." Etwa die Hälfte derjenigen, die mit ihren Schätzen ins Museum gekommen waren, haben durchaus Wertvolles vorgelegt. Einzelne Stücke eines kostbaren Services waren zum Beispiel vorgestellt worden. "Oft wird in solchen Fällen nach der Schätzung innerhalb der Familien beraten, was mit den Objekten passieren soll", sagt Karl Klittich. Werden die Stücke dann wirklich verkauft, sei das eine von allen Beteiligten wohlüberlegte Aktion.

Erika Eberhard hat viele ihrer Tanten beerbt. Den Schmuck stellte sie dem Uhrmachermeister Martin Joppich vor. Die Eimersleberin vermutet, eine Kette könnte aus Südamerika stammen. "Meine Tante ist Ende 1800 geboren und hat dort eine Weile gelebt." Der Uhrmachermeister kann sich ebenfalls vorstellen, dass die Kette vom fernen Kontinent stammt. Einen finanziellen Wert sieht er jedoch nicht.

Auch Josef Eckhardt wird enttäuscht. Er war mit einem blauen Krug extra aus Bernburg gekommen und hatte für dessen Wert bereits recherchiert und auf mindestens einhundert Euro gehofft. Die Experten mussten diese Hoffnung jedoch zerstören.

"Nicht immer kommen Bürger mit den wertvollen Dingen hierher", weiß Karl Klittich, "viele bringen erst einmal ein ,Testei` und erst wenn sie Vertrauen gefasst haben, zeigen sie, was sie an wirklichen Schätzen besitzen." In solchen Fällen gibt es einen privaten Folgetermin.