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Aus brach liegender Liegenschaft des ehemaligen Pionierlagers "Friedrich Engels" entstand Feriendorf Bertingen Schon vor 100 Jahren wurde hier gezeltet

Von Burkhard Steffen 15.04.2015, 03:20

Schon seit etwa 100 Jahren wird das idyllisch gelegene Areal zwischen Bertingen und dem alten Elbarm touristisch genutzt. Durch den nahe gelegenen Elbe-Radwanderweg ist es mittlerweile auch überregional bekannt geworden.

Bertingen l Ein altes Foto aus dem Jahr 1918 zeigt Jugendliche, die im Kiefernwald am alten Elbarm zelten. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten entstand auf dem Gelände des heutigen Feriendorfes Bertingen eine Zeltburg. Tausende Mitglieder der Hitlerjugend trainierten hier ihren Körper und wurden ideologisch geschult.

Zu DDR-Zeiten verlebten jedes Jahr viele Mädchen und Jungen im Zentralen Pionierlager "Friedrich Engels" ihre Sommerferien. Mit dem Ende der DDR kam auch das Aus für das Pionierlager, das vom Magdeburger Armaturenwerk betrieben worden war. Rund zehn Jahre lang führte dann ein gemeinnütziger Verein hier das Kinder- und Erholungszentrum Bertingen - kurz KIEZ genannt. Doch der musste aus finanziellen Gründen aufgeben.

Die leer stehenden Häuser und Bungalows verfielen zusehends, wurden mutwillig zerstört. Die Natur eroberte sich das brach liegende Gelände zurück. "Erste Visionen, was man daraus machen kann, haben wir in Gesprächen mit Familie Kronfeldt entwickelt", erinnert sich Ines Schubert, Geschäftsführerin des Feriendorfes Bertingen.

Banken scheuten Risiko

Jens Kronfeldt war damals ehrenamtlicher Bürgermeister von Bertingen. Aus den Visionen wurde Schritt für Schritt Realität, obwohl keine Bank die Pläne als kreditwürdig einstufte. "Schließlich hatten 29 private Kapitalanleger den Mut, hier zu investieren", beschreibt Ines Schubert die Anfänge des Feriendorfes Bertingen.

Da musste entmüllt und abgerissen werden, wurde saniert und entstanden neue Gebäude. "Für die Erweiterungsinvestitionen gab es dann schließlich sogar Fördermittel vom Land und der Europäischen Union", ist Ines Schubert sichtlich stolz auf das Erreichte.

Ganz klein mit sechs Zimmern für Übernachtungsgäste startete das Feriendorf am 30. April 2005. Mittlerweile gibt es 23 Doppelzimmer, acht Appartements und fünf Ferienhäuser. Im Bau befindet sich derzeit noch ein Premium-Ferienhaus mit eigenem Pool und Sauna.

Inzwischen ist das Feriendorf eine anerkannte und beliebte Adresse am Elbe-Radwanderweg. "Im vergangenen Jahr haben wir erstmals mehr als 10000 Übernachtungen gezählt. Die Übernachtungsgäste kamen sogar schon aus den USA und Australien", erzählt die Geschäftsführerin. Doch von Radtouristen allein kann das Feriendorf mit seiner Gaststätte "La Porte" und derzeit 30 Mitarbeitern sowie sieben Auszubildenden nicht überleben. Dafür sorgen vor allem auch viele Gäste aus der Region.

"Das haben wir besonders beim Elbe-Hochwasser gemerkt. Der Elbe-Radweg war längere Zeit nicht befahrbar. Das hat viel Gastronomen entlang der rund 1270 Kilometer langen Route hart erwischt. Uns aber haben die Besucher aus der Region darüber hinweggeholfen", bedankt sich Ines Schubert.

Trauzimmer ist gefragt

Gefragt ist auch das im vergangenen Jahr im Feriendorf eingerichtete Trauzimmer. Durch Standesbeamte der Verbandsgemeinde Elbe-Heide wurden hier im Jahr 2014 zwei, in diesem Jahr bereits zehn Ehen geschlossen.

Am 1. Mai lädt das Feriendorf Bertingen zu einem Frühlingsfest ein. Das Programm gestalten unter anderem Schüler der Rogätzer Grundschule, die "Dream Dancer" des OK-live-Ensembles und die Bläsergruppe "Men in Blech" aus Hamburg.