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Rekonstruktion der Gersdorfer Kirchenorgel geht ins vierte Jahr Pfeifenprospekt wieder komplett, alte Metallmischung nachempfunden

Von Klaus Dalichow 04.04.2011, 04:38

Vier Jahre nimmt die Restaurierung der Orgel in der Gersdorfer Kirche Sankt Bartholomäus bereits in Anspruch. Jetzt ist auch der alte Pfeifenprospekt originalgetreu wiederhergestellt. Kantor Matthias Müller stellte ihn am Sonnabend Pastor Johannes Könitz vor. Ein friesischer Orgelbauer hatte die Metalllegierung für die fehlenden Pfeifen nachempfunden. Ein Benefizkonzert galt am Sonnabend der immer noch nicht abgeschlossenen Rekonstruktion. Erst drei der fünf Register sind bespielbar.

Gersdorf. Keiner weiß, wie lange die Orgel in St. Bartholomäus schon schweigt. Ausgegangen wird von fast einem halben Jahrhundert Seit vier Jahren wird daran gearbeitet, das Instrument wieder in voller Schönheit zum Klingen zu bringen. Weihnachten 2007 war es das erste Mal soweit. Ein Gemeindebrief von Pastor Johannes Könitz kündigte es an. Der Chor sollte bei einem Konzert an der Orgel begleitet werden. Von dereinst fünf Registern erklangen zunächst zwei wieder. Für die Choralbegleitung reichte das. Müller hat in mühevoller Kleinarbeit das Instrument bespielbar gemacht. "Hier war alles kaputt. Nichts lief mehr. Und der Holzwurm hatte sein übriges getan", meinte er. Müller musste sämtliche Pfeifen ausbauen, die Mechanik wieder gangbar machen und die Windversorgung abdichten (an dieser Orgel wird wie in grauer Vorzeit üblich, die Balganlage per Fuß getreten; Rudolf Conert vom Gemeindekirchenrat stellt sich hin und wieder auf die Aufgabe des Kalkanten, des Bälgetreters, ein). Mittlerweile sind alle rundgerechnet 130 Holzpfeifen wieder eingebaut, teilweise durch originalgetreue Nachbauten ersetzt. Die Ebenholz-Tastatur funktioniert wieder. Die Manualeinfassung ist mit mehreren Schichten Schellack versehen. Müller hat sogar die dreifach abgestufte Originalfarbgebung des Orgelgehäuses wieder hinbekommen. Und das Instrument hat dem Restaurator auch sein Geheimnis preisgegeben, nämlich dass es ein sehr altes, für die Barockzeit typisches ist. Und dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit zuvor in Klein Ammensleber stand und nachdem es ein Fachmann 1865 auf Vordermann gebracht hatte, nach Gersdorf verkauft wurde. Matthias Müller ging bislang davon aus, dass das Herstellungsdatum der Orgel zwischen 1730 und 1735 liegt. Er hatte dafür mehrere Anhaltspunkte. Erstens lässt die Ebenholz-Tastatur auf die Barockzeit schließen. Zweitens ist die Mechanik der Ventile exakt nach einem Lehrbuch aus dieser Zeit gebaut. Drittens entspricht das Material (viel Blei, wenig Zinn) der zirka 60 Metallpfeifen jenem der Orgel in der Dorfkirche Erxleben. Wie er Sonnabend beim Benefizkonzert mit Nadine Duwe (Sopran) und Rüdiger Pfeifer (Violoncello) wissen ließ, deuten neuere Quellen auf das Baujahr 1767 hin.