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Interview mit Sigurd Heimann, Bürgermeister der Gemeinde Burgstall "Die Politiker missbrauchen das Wort Reform…"

14.01.2011, 04:27

Seit dem 1. Januar 2010 besteht die Verbandsgemeinde Elbe-Heide. Ihr gehören sieben Mitgliedsgemeinden mit 21 Ortsteilen an. Burkhard Steffen stellte den Bürgermeistern zum Jahreswechsel drei Fragen, bat sie um einen Rückblick und eine Vorausschau. Heute: Sigurd Heimann, Bürgermeister von Burgstall.

Volksstimme: Was betrachten Sie als die wichtigsten Ereignisse in Ihrer Gemeinde im Jahr 2010?

Sigurd Heimann: Für die Gemeinde Burgstall war das vergangene Jahr in zweifacher Hinsicht ein Novum. Mit Wirkung vom 1. Januar 2010 wurde durch den Zusammenschluss von fünf Gemeinden die Gemeinde Burgstall neu gebildet. Als ob das nicht schon genug wäre, wurde auch für das Haushaltsjahr 2010 erstmalig ein sogenannter doppischer Haushalt erarbeitet. Bis zum Jahr 2013 ist das übrigens für alle Gemeinden Sachsen-Anhalts verbindlich. Interessant ist dabei, dass sich das Land Sachsen-Anhalt bisher nicht geäußert hat, wann der Landeshaushalt ebenfalls in dieser Hinsicht reformiert wird.

Trotz der "freiwilligen Zwangsvereinigung" der Gemeinden, gegen die wir uns ja auch vor dem Landesverfassungsgericht vergebens gewehrt haben, fällt die Jahresbilanz nicht nur negativ aus. In den einzelnen Ortsteilen wurden einige größere Vorhaben umgesetzt. Bei einer ersten Analyse stellte sich heraus, dass es unbedingt notwendig war, Maschinen und Geräte, die zum Teil älter als 12 Jahre waren, auszutauschen. Denn ohne brauchbare Technik stehen die Gemeindearbeiter auf verlorenem Posten. Neben der Gemeindetechnik sind besonders Bauvorhaben wie die Dacherneuerung am 20-Wohneinheiten-Block in Sandbeiendorf und die Modernisierung von Kommunalwohnungen sowie die Anschaffung von Fahrzeugtechnik zu nennen.

Wichtig für die Arbeit in der Gemeinde war für mich, dass der neue Gemeinderat sehr schnell zu einer guten Zusammenarbeit gefunden hat und zu keiner Zeit ein "Kirchturmdenken" aufgekommen ist. Dafür mein besonderer Dank.

Volksstimme: Was erwarten Sie für Ihre Gemeinde im Jahr 2011?

Heimann: Abgesehen davon, dass die in den Jahren gewachsenen Besonderheiten in den Ortsteilen, die man auch Traditionen nennen kann, erhalten werden sollen, ist es doch notwendig, das "Wir-Gefühl" der Bürger aller Ortsteile zu fördern. Als ein vorbildliches Beispiel dafür möchte ich hier die gemeinsame Seniorenweihnachtsfeier der Gemeinde Angern anführen.

Gegen Jahresende habe ich die Ratsmitglieder gebeten, aus der Sicht der Ortsteile notwendige Vorhaben für das Jahr 2011 vorzuschlagen. Diese Liste abzuarbeiten wird nicht leicht. Dazu kommen noch zwei Überhänge aus dem Vorjahr.

Im Ortsteil Burgstall wird das Toilettengebäude auf dem Festplatz vollendet, und die Ortswehr des Ortsteiles Cröchern bekommt ein neues Löschfahrzeug. Auch die Modernisierung von Kommunalwohnungen wird fortgeführt.

Ein Problem könnten die vielen Baumneupflanzungen werden. Es ist zwar schön für neues Grün in den Ortsteilen zu sorgen, aber die Pflege wird zu einem Zeitproblem für die Gemeindearbeiter. Auch wird die Pflege des Altbaumbestandes in jedem Jahr fünfstellige Beträge kosten.

Kulturelle Höhepunkte werden in diesem Jahr unter anderem das 50-jährige Bestehen der Burgstaller Schule und das traditionelle Köhlerfest im Ortsteil Dolle sein.

Volksstimme: Welche Vor- und welche Nachteile hat die Gemeindegebietsreform für Ihre Gemeinde gebracht?

Heimann: Leider kann ich bisher nicht einmal mit einem Fernrohr die Vorteile der Gemeindegebietsreform in weiter Ferne erkennen. Es ist doch verblüffend, wie mit dem eigentlichen Inhalt des Wortes "Reform" Missbrauch getrieben wird. Mein Dank gilt allen Politikern, die jede Reform mit einem negativen Beigeschmack versehen. Damit meine ich nicht nur die Gebietsreform. Man könnte die Liste auch mit Gesundheits-, Bildungs- und anderen Reformen verlängern. Das ist nicht nur meine Meinung, sondern auch das Ergebnis der Gespräche mit vielen Bürgern.