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Kabarettist Frank Hengstmann gastierte im ausverkauften Schlosskeller Manni, sein Blechbrötchen und "der Intershop-Effekt von früher"

Von Claudia Labude 05.10.2009, 05:01

Viele der 103 Besucher, die am späten Sonnabendnachmittag im Schlosskeller saßen, hielten Taschentücher in ihren Händen. Aber das lag nicht etwa daran, dass sie sich bei dem stürmischen Wetter erkältet hatten. Nein, sie brauchten die Taschentücher, um sich beim Solo-Auftritt von Frank Hengstmann die Lachtränen aus den Augen zu wischen.

Wolmirstedt. Die Hengstmänner und der Schlosskeller – das ist eine fruchtbare Kombination. Nicht nur, dass ein Gastspiel der Kabarettisten-Familie für die hiesigen Veranstalter in puncto Besucherzahlen ein Erfolgsgarant ist, auch die Hengstmänner selbst wissen in Wolmirstedt ein treues Publikum vor sich. Kein Wunder, dass Vater Franks Begrüßungsseufzer – " endlich wieder Zuhause " – fast frenetisch beklatscht wurde.

Nach mehreren Jahren Ensemblekabarett war das Familienoberhaupt am Sonnabend mal wieder solo unterwegs. Sein Programm " Manni poliert " hatte zwar schon im Dezember des vergangenen Jahres Premiere gefeiert, ließ aber nichts an Aktualität vermissen. Ist doch der Wahlkampf – so wie gerade einer endete – die Zeit, in der Kabarettisten ihr Futter finden. Zum Beispiel das Wahlplakat von Vera Lengsfeld, die ein Foto der tiefdekolletierten Angela Merkel nachstellte. " Bei dem Anblick habe ich verstanden, was Überhangmandate sind ", gab Hengstmann zu.

Er selbst scheint gute Kontakte zu den Mächtigen, Schönen und Reichen zu haben, ließ das Publikum unter anderem ein Telefonat zwischen Angela Merkel und Josef Ackermann belauschen. Letzteren findet man übrigens auch in einem Wörterbuch, ist doch Ackermann die schweizer Übersetzung für Bauer. Und in diesem Berufsstand " ernten ja bekanntlich die Dümmsten die dicksten Kartoffeln ".

Die dicksten Lacher gab es am Sonnabend vor allem für die Lokal- und Regionalspitzen. Sein Campingurlaub hatte Hengstmann in die Nähe von Wasserstraßenkreuz und Trogbrücke geführt. " Dafür wurden Milliarden investiert – und jetzt fahren da noch 1, 3 Schiffe pro Woche durch. Das ist in etwa so, als würde man in Wolmirstedt eine U-Bahn bauen und nur der Bürgermeister dürfte damit zur Arbeit fahren. "

Wäre am Sonnabend nicht gleichzeitig Tag der Einheit gewesen, hätte man an diesem Tag auch ein Phänomen beobachten können, das Hengstmann den " Intershop-Effekt von früher " nennt : " Die Leute rennen in Scharen in die Magdeburger Einkaufszentren, aber kaufen tun sie nichts – die gucken bloß. "

Kein Wunder, ist doch die Arbeitslosigkeit eines der größten Probleme heutzutage. Aber auch dafür hat Hengstmann natürlich eine Lösung. Das neue Magdeburger Stadion sei eh zu groß für den dortigen Fußballverein. " Warum also nicht 10 000 Hometrainer auf den Rasen stellen, alle Arbeitslosen ins Stadion holen, Türe zu – und dann heißt es : Wir strampeln bis zur Rente, für Licht auf der Tagente. "

" Ich möchte später mal nicht so pinkeln, wie Edmund Stoiber spricht "

Wie diese Arbeitsbeschaffungsmaßnahme allerdings seinem Alter ego Manni ( Fest ) gefällt, das wurde im Schlosskeller nicht verraten. Der " Ur-Machdeburjer ", der am liebsten im Jogginganzug und mit seinem geliebten " Blechbrötchen " -Dosenbier über das Leben philosophiert, gab dem Programm seinen Namen und durfte deswegen natürlich nicht fehlen. Hauptaufenthaltsort des Langzeitarbeitslosen ist derzeit das Wartezimmer des Urologen. " Vorsorge ist für mich ganz wichtig. Ich möchte schließlich nicht später mal so pinkeln, wie Edmund Stoiber spricht. "

Dabei dürfte sich Manni über Sprachfehler gar nicht lustig machen, ist er doch als Magdeburger selbst ein grammatikalisches Phänomen, sagt statt " mich " immer " mir " und macht dabei weder bei der sowjetischen Raumstation noch bei den Wollpullovern aus " Kaschmich " eine Ausnahme. Vielleicht wird es ja besser, wenn erstmals Manni ‘ s Ideen zum Gesundheitssystem umgesetzt werden, zum Beispiel das " Gebisssharing " oder die " Mitkauzentrale " für alle, die sich eine Zahnversicherung nicht mehr leisten können. Manni selbst hätte sich schon am Sonnabend im Schlosskeller bedienen können, stand den Besuchern doch die meiste Zeit der Mund vor lauter Lachen ganz weit offen.