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Karin Spott möchte "anderen mit Musik Freude bereiten" und tut dies auf vielfache Weise engagiert "Ich habe keine Lust, nur eine Hausfrau zu sein"

Von Helmut Rohm 04.01.2014, 01:08

"Du bist spitze!" Sechs Kandidaten bewerben sich um den Titel "Lokalmatador 2013". Den Sieger ermitteln einzig die Volksstimme-Leser mit dem Abstimmungs-Coupon. In den nächsten Wochen stellen wir alle Kandidaten mit ganz persönlichen Geschichten vor. Heute: Karin Spott

Zerbst l Daheim wurde Hausmusik gemacht. Das dürfte einer der Gründe dafür sein, dass schon die Vierjährige im Kindergarten ganz genau wusste, was sie werden will. Nichts anderes als Musiklehrerin. Die 74-jährige Karin Spott kann nicht nur die Realisierung ihres Kindheitswunsches bilanzieren. Sie hat es nie beim "bloßen" Lehrerinnen-Sein belassen. "Anderen Leuten mit Musik Freude bereiten", das ist die Motivation, der Karin Spott ihr Leben verschrieben hat. Immer ein gutes Stück mehr als das nur Notwendige.

Alles beginnt in Stralsund. Dort kommt Karin Spott zur Welt, geht sie zur Schule. Schon da spielt sie im Mandolinen-Orchester. In der dreijährigen Ausbildung zur Kindergärtnerin in Schwerin "habe ich im Akkordeonorchester gespielt, im großen Chor gesungen, einen eigenen Klassenchor und eine Tanzgruppe gehabt". Mit den Kulturgruppen ist sie schon für Auftritte gefragt.

In Stralsund zurück ist Karin Spott bis 1962 Kindergärtnerin und Kindergarten-Leiterin gleich. "Ich war gerne Kindergärtnerin, auch weil das immer mit Musik zu tun hatte", sagt sie. Unter anderem gestaltet sie die monatliche Musikfortbildung für alle Kindergärtnerinnen, setzt das später auch in Zerbst fort, wohin sie Ehemann Helmut nach der Hochzeit 1962 "entführt".

"Wirklich, Musik verbindet die Menschen. Da ist ein Bezugspunkt, gerade, wenn es auch bekannte Lieder sind."

Noch von Stralsund aus soll sie ans Bezirkskulturkabinett nach Rostock, geht zuvor aber zum Studium nach Berlin an das Institut für Musiklehrer in Berlin-Weißensee. Mit dem Abschluss kann sie 5. bis 10. Klassen in Musik unterrichten. "Da ich aber keine pädagogische Grundausbildung hatte, wurde ich nicht als Lehrerin eingesetzt." Und so wird es dann auch nicht Rostock, sondern eben Zerbst.

Bis 1974 arbeitet Karin Spott im Kindergarten Wolfsbrücke. Musiklehrerin und Fachberaterin Ellen Arndt gibt schließlich den Impuls zum Fernstudium in Pädagogik und Psychologie in Magdeburg. 1976 ist Karin Spott Diplom-Lehrerin für Musik und Kunst. Unterrichten wird sie "mein Leben lang ausschließlich Musik" in den 3. bis 10. Klassen, und zwar an der Johannes-R.-Becher-Oberschule, später Schule am Rephuns Garten.

Als Lehrerin, ab 1986 ist sie auch Fachberaterin, leitet sie den Pionier- und den Schulchor. Zusammen mit anderen Schulen wird später ein Pionier- und Jugendchor gebildet, der zum Beispiel zu den Jugendweihen singt.

Schon ab 1974 hat sie die Singegruppe an der Schule, an der sie selbst auf Direktorenanfrage bereits ab 1972 im Chor mitsingt. Karin Spott wird sie bis 1999 leiten, noch zwei Jahre über ihren Ruhestand hinaus. Gerade mit der überaus erfolgreichen Singegruppe verbinden sich zwei Dinge, die für die gesamte ehrenamtliche Arbeit Karin Spotts stehen. Sie hat mit den Schülern gearbeitet, wenn manch anderer schon zu Hause war. "Das macht ihr Freude und das macht sie eben", hieß es auf Nachfragen. Und es gibt die Erfahrung umjubelter Auftritte in Ungarn, in Polen oder 1992 auch in Hannover, wo sie Karin Spott am liebsten für eine Chorleitung verpflichten wollten. "Wirklich, Musik verbindet die Menschen. Da ist ein Bezugspunkt, gerade, wenn es auch bekannte Lieder sind."

"Mir macht die Beschäftigung mit Musik Spaß. Ich kann das alles nur, weil mein Mann mich unterstützt."

Im Januar 1986 entsteht der Stadtchor Zerbst. Ab Juli des selben Jahres gehört Karin Spott dazu, gleich als 2. Chorleiterin und Stimmbildnerin.

Bereits seit Anfang der 1980er Jahr hat sie immer in den Winterferien an insgesamt zehn Chorleiter-Lehrgängen in Magdeburg beim renommierten Prof. Höft teilgenommen. "Mir war es immer wichtig, auch von anderen zu lernen", erklärt Karin Spott. Ebenfalls ein Credo, dem sie bis heute treu geblieben ist. Seit neun Jahren absolviert sie Chorleiter-Lehrgänge in Rheinsberg, ist Mitglied des Chorverbandes Brandenburg, singt im dortigen Chor der Chorleiter.

Seit 2002 leitet Karin Spott den Stadtchor mit heute 26 Sängerinnen. Gerade haben sie einen auftrittsreichen Monat hinter sich - das traditionelle Konzert am Vorabend des ersten Advents, das Weihnachtssingen im Krankenhaus und im Altenpflegeheim am Frauentorplatz, der Auftritt in der Christvesper in St. Trinitatis. All das steht auch 2014 wieder im Programm, wie das Singen in den Kreuzgängen des Museums zu den Kulturfesttagen, ein Benefizkonzert für die Burg Walternienburg, ein Singen am Wasserturm, das Frühlingssingen im Anhaltischen Theater ...

Neben dem Stadtchor ist sie ab 1997 für 14 Jahre auch Leiterin des 40-köpfigen Coswiger Gemeinschaftschores - versäumt die wöchentliche Probe nur einmal 14 Tage wegen eines gebrochenen Beines - und sieben Jahre Geschäftsführerin der Internationalen Fasch-Gesellschaft. In die Fasch-Pflege in Zerbst ist Karin Spott von den Anfängen an eingebunden. "Ellen Arndt hat uns Musiklehrer damals ja alle geworben." Heute engagiert sie sich im Fasch-Präsidium und organisiert unter anderem seit 2000 in jedem Jahr eine Fasch-Reise. 2014 geht es nach Salzburg.

"Ich lege Wert auf Qualität", sagt Karin Spott bezogen auf die Dinge, die sie tut, besonders auf die Arbeit mit den Chören. Die wissen, was es bedeutet, wenn sie ebenfalls sagt: "Ich bin straff durchgreifend."

Wie sich dies aber auszahlt, beweisen nicht zuletzt die besonderen Höhepunkte, auf die sie in der Chorarbeit zurückblickt. Konzerte mit dem Stadtchor in der Dresdner Dreikönigskirche vor fünf Jahren oder 2012 in der Nicolaikirche Friedrichroda sind Beispiele dafür, gleichsam hoch anerkannt von Publikum und Fachleuten.

Eine ganz besondere Würdigung der Spott\'schen Arbeit ist der Kulturpreis des Landkreises 2008.

"Mir macht die Beschäftigung mit Musik Spaß. Das ist einfach so. Ich habe keine Lust, nur eine Hausfrau zu sein", meint Karin Spott. Sagt aber auch: "Ich kann das alles nur, weil mein Mann mich unterstützt, mir immer den Rücken freigehalten hat."

Die beiden Töchter Kirsten und Manuela sind übrigens auch Musiklehrerinnen.

Der Blick nach vorn? Das kommende Weihnachtskonzert wird wieder gemeinsam mit dem Roßlauer Männerchor gestaltet. Auch hier gibt es langjährige, enge Beziehungen. Und 2016 begeht der Stadtchor sein 30-jähriges Bestehen, unter anderem mit einer Fahrt nach Rheinsberg. Die Männer der Sängerinnen werden - zugleich als Dankeschön - dabei sein, wie bei den alle zwei Jahre stattfindenden Chorfahrten. Ob Karin Spott danach an eine Nachfolgerin abgibt? Ganz genau weiß sie es noch nicht.