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Lachse sollen in Nuthe beheimatet werden / Zahl der Rückkehrer steigt in jedem Jahr Zehntausend Hoffnungsträger

Von Sebastian Siebert 09.10.2014, 03:12

Zehntausend Fische setzten die Mitarbeiter des Instituts für Binnenfischerei gestern in der Nuthe aus. Ziel ist die Wiederansiedlung der Tiere in der Region.

Zerbst l Der letzte Lachs wurde vermutlich vor mehr als 30 Jahren in der Nuthe gefangen. Angler erzählen, dass es dort einst ein großes Vorkommen der Tiere gegeben habe. "Aus diesem Grund wollen wir sie hier auch wieder ansiedeln", erzählte Projektbetreuer Steffen Zahn. Der Fischerei-Ingenieur ließ gestern mit Vertretern des Landesangelverbandes und des Landesfischerverbandes rund 10 000 Tiere in die Nuthe. Mittlerweile haben alle Beteiligten eine Routine entwickelt. Schließlich werden seit 2009 zweimal jährlich Fische eingesetzt. "Im Frühjahr setzen wir vor allem Meeresforellen ein, im Herbst sind es die Lachse", sagte der Projektbetreuer. Ein halbes Jahr sind die Tiere alt. Sie haben eine Körperlänge zwischen sechs und zwölf Zentimetern und wiegen um die fünf Gramm. Die Kosten pro Tier liegen bei 80 Cent.

Gezogen wurden sie in Dänemark. Uffe Nielsen hat sie mit einem Lkw in Wassertanks nach Deutschland gebracht. Auch für ihn ein eher ungewöhnlicher Transport, berichtete er. Normalerweise seien seine Fracht größere Fische. Dass die Lachse so jung ausgesetzt werden, hat einen Grund. Schließlich sollen sie in der Nuthe heimisch werden. "Den Winter verbringen sie auch hier", sagte Zahn. "Wenn sie im Frühjahr kurz vor ihrer Wanderung stehen, kommen sie sozusagen in ihre Pubertät. Dabei werden sie auf diesen Ort geprägt", sagte der Fachmann. Sie stoßen Hormone aus, welche im Wasser verbleiben. "Wir gehen davon aus, dass diese ihnen auch die Rückkehr ermöglichen", erklärte Zahn.

Mindestens eineinhalb Jahre seien die Fische unterwegs. Die Lachse wandern bis nach Grönland. "Auf hoher See fressen sie sich die Reserven an, die sie für ihre Fortpflanzung brauchen", berichtete er weiter. Die findet im heimischen Gewässer statt, was nun die Nuthe werden soll. Einige Erfolge können die Fischfreunde schon vorweisen. Im Herbst 2009 wurden die ersten Tiere ausgesetzt. Der erste Rückkehrer wurde im Frühjahr 2011 notiert. 2012 wurden sieben Lachse gezählt und 16 Meeresforellen. 16 Lachse und 35 Meeresforellen waren es im vergangenen Jahr.

Zwischen 0,5 und einem Prozent liegt die Quote für die zurückkehrenden Fische zurzeit, schätzte Zahn. Drei Prozent seien nötig, damit der Bestand von selbst wachsen könne.

Um zu unterscheiden, ob es sich um ausgesetzte Fische handelt oder um deren Nachzucht, wird den ausgesetzten Fischen die linke Bauchflosse entfernt. "Das macht den Tieren gar nichts, sie gleichen das aus", betonte Zahn. Anders als die Meeresforellen, schaffen die Lachse meist nur eine Wanderung in ihrem Leben. Die Tiere verenden nach dem Laichen. Lange vorher fressen sie nichts mehr, so Zahn. Alles werde auf die Fortpflanzung umgestellt. "Dass sie in dieser Zeit überhaupt geangelt werden können, liegt an einem Beißreflex. Sie wollen nicht fressen, sondern verteidigen ihr Revier", fügte er an.

Um das Angeln geht es nämlich auch. Die Lachse und Forellen sollen wieder in den heimischen Gewässern geangelt werden können.

Die Kosten für die "einige hunderttausend Euro", wie es Fischereiberaterin Birgit Käsebier vom Landesfischereiverband betitelte, teuere Wanderfischwiederansiedlung werden zum großen Teil über die Fischereibeiträge der Fischer und Angler bezahlt.

Zurzeit können Lachse nur im Ausland geangelt werden, in Deutschland gibt es so gut wie keine Möglichkeiten. Möglich werde das wieder, wenn die Rückkehrerquote bei drei Prozent oder darüber liege. Dann könne der Bestand von allein wachsen "und eben auch befischt werden", berichtete Steffen Zahn. Bis es so weit ist, "vergehen 20 oder 30 Jahre", fügte er an. Die Steigerungsraten aus den ersten Jahren werden kleiner, weiß er aus anderen Projekten. Dennoch ist er guter Dinge. Die Nuthe bietet die besten Bedingungen für die Wiederansiedlung. Das habe er selbst in den Vorstudien herausgefunden. Wenige Querbauten entlang des Flusses erleichtern die Reise, die ursprünglichen Strukturen boten einst beste Bedingungen für die Vermehrung der Fische.

Diese sollen mit dem Gewässerentwicklungskonzept wiederhergestellt werden. Besonders gut sind die Stellen bei Zerbst. "Vier Kilometer unterhalb und vier Kilometer oberhalb setzen wir die Tiere aus", sagte Zahn.

Dort sollen dann auch in den nächsten Jahren die Laichplätze für die Lachse und Meeresforellen entstehen.