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In der Freien Kita in Zerbst probiert Vanessa Hohenstein ihren späteren Berufswunsch aus Erst Schule und dann Kindergarten

Von Henriette Hahn 11.10.2014, 01:11

Das Freiwillige Soziale Jahr, kurz FSJ, ist eine beliebte Methode, Berufswünsche zu testen. Auch in Zerbst gibt es junge Menschen, die sich für einen gemeinnützigen Dienst entschieden haben. Vanessa Hohenstein aus Güterglück gehört dazu.

Zerbst l Kinder lachen und tollen herum. Trotz des schlechten Wetters sind die Knirpse der Freien Kita Zerbst draußen und spielen. Unter der Aufsicht der Erzieher schaukeln und buddeln sie. Zwischen den Kindergärtnern ist auch Vanessa Hohenstein. Sie ist eine Freiwillige, die ein Soziales Jahr in der Kindertagesstätte absolviert. Im September trat sie ihren Dienst an.

Vanessa hat seit Juli ihr Abitur in der Tasche und orientiert sich nun für ihre Zukunft. "Meine Mutter ist Kindergärtnerin und hat mich dazu angeregt, ein Freiwilliges Jahr in einer Kita zu machen", sagt die 18-jährige. "Ich möchte später sowieso ein Studium Richtung Pädagogik einschlagen. Meiner Mutter wäre es zwar lieber, wenn ich gleich angefangen hätte zu studieren, aber ich wollte erst einmal testen, ob mit dieser Beruf Spaß macht, ob ich das mein Leben lang machen möchte."

Viele machen ein Freiwilliges Jahr, um Wartesemester zu überbrücken, oder, wie in Vanessas Fall, Berufswünsche auszuprobieren. Die Bewerbung ist relativ einfach und in den wenigsten Fällen bekommt ein Bewerber keine Einsatzstelle. Vanessa hat sich anfangs über die Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste (ijgd) beworben. Dadurch hatte sie eine Zusage in der Magdeburger Kita "Quittenfrüchtchen". Doch sie hat auf Grund der langen Fahrzeit abgelehnt. Da sie in Güterglück wohnt, ist Zerbst da deutlich näher. Deshalb hat sich ohne die ijgd bei der Freien Kita beworben. Sie hatte über die vorherige Freiwillige von der Stelle erfahren und sich mit einer Bewerbungsmappe direkt vor Ort beworben. Nach dem Vorstellungsgespräch war Vanessa zwar noch unschlüssig, hat die Stelle dann schließlich doch angenommen. Sie hatte sich zusätzlich noch bei der Evangelischen Bartholomai-Schule in Zerbst beworben, aber diese Stelle war schon besetzt. Die Freie Kita ist der einzige Kindergarten in Zerbst, der ein Freiwilliges Soziales Jahr anbietet.

Erst im Nachhinein hat Vanessa davon erfahren, dass ihr Freiwilliges Jahr trotzdem über die ijgd läuft. Die Leiterin des Kindergartens hat den Internationalen Jugendgemeinschaftsdiensten berichtet, dass sie eine Bewerberin gefunden haben. Die Seminare, die bei einem FSJ regelmäßig besucht werden müssen, absolviert Vanessa somit auch. Das erste war bereits. Dort hat sie noch einmal alle wichtigen Informationen und eine kleine Einführung erhalten.

"Ich bekomme 350 Euro im Monat. Das ist zwar nicht viel, aber es reicht. Ich bezahle damit das Benzin für meinen Roller und weitere Kleinigkeiten. Da ich noch zu Hause wohne, fallen keine Kosten an. Viel übrig bleibt am Ende nicht, aber das ist schon in Ordnung. Ich habe auch kein Problem mit langer Fahrzeit, wie ich es in Magdeburg gehabt hätte. Mit meinem Roller brauche 20 Minuten nach Zerbst. Wenn das Wetter schlechter wird, kann ich auch mit dem Zug fahren. Das ist auch noch bezahlbar", erklärt die Freiwillige.

Beim Freien Kindergarten hat Vanessa trotzdem fast die gleichen Aufgaben wie bei einer normalen Kindertagesstätte. Sie muss zum Beispiel das Essen vorbereiten, mittags zum Mittagessen und nachmittags zur Vesper. Es kommt alles von der Kita, die Kinder müssen nichts mitbringen. Außerdem muss sich die 18-Jährige auch um die Krippenkinder kümmern, zum Beispiel Windeln wechseln.

"In der Freien Kita sind alle Kinder zusammen. Es gibt keine Gruppen. Die Kleinen sind nicht so anstrengend, aber es ist schwer, sie zu verstehen. Wenn sie schreien, weiß man nicht sofort, was sie wollen. Das macht die Sache ein wenig komplizierter", erzählt sie von ihren vielfältigen Aufgaben. "Ich muss aufräumen, die Schlafkinder wecken, Geschirr abwaschen, den Kindern beim Anziehen helfen und so weiter. Außerdem kann ich täglich ein kleines Angebot mit den Kindern machen, wie basteln und Ähnliches. Heute habe ich eine CD mitgebracht, bei der die Kleinen Geräusche erkennen und zuordnen können."

Vanessa arbeitet täglich von 8 bis 15.30 Uhr. Nur montags muss sie bis 18 Uhr bleiben, da sie um diese Uhrzeit die "Teamrunde" abhalten, eine Versammlung der Mitarbeiter zur Besprechung. "Ich arbeite manchmal auch in anderen Schichten, weil wir hier auch ein Praktikantin haben, die ihre Ausbildung zur Erzieherin macht. Sehr viel Freizeit habe ich unter der Woche nicht, aber dafür hab ich ja am Wochenende frei und kann das nachholen."

Das Arbeitsklima beschreibt Vanessa als angenehm. Es sind alle nett zu ihr und sie kann jederzeit mit Fragen zur Kita-Leiterin oder zu anderen Kollegen gehen. "Ich war ja anfangs etwas skeptisch, aber ich habe mich jetzt daran gewöhnt. Ich kannte von meiner Mutter das Prinzip der staatlichen Kita und musste mich jetzt umstellen. Aber das war nicht so schwer. Die Kleinen respektieren mich und hören auch auf meine Anweisungen. Anstrengend ist es trotzdem, denn die größeren Kinder wollen sich gerne mal durchsetzen. Aber im Großen und Ganzen gefällt es mir hier."

Ein Lieblingskind habe sie nicht: "Das ist praktisch nicht möglich. Ich habe hier mit vielen Kindern zu tun und eigentlich sind alle artig, mehr oder weniger." Das FSJ läuft noch bis Ende August 2015. Dann beginnt für Vanessa ein neuer Lebensabschnitt - entweder das Studium oder weiter nach dem Traumberuf suchen.