1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. Kein Hitlergruß auf dem Sportplatz

Freispruch ist jetzt rechtskräftig / Staatsanwaltschaft nimmt Berufung gegen Entscheidung der ersten Instanz zurück Kein Hitlergruß auf dem Sportplatz

Von Andreas Behling 20.03.2015, 01:25

Dessau/Zerbst l Erleichtertes Aufatmen bei dem Mann aus dem Zerbster Ortsteil Gödnitz. Thomas Knief, Vorsitzender Richter der 6. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau, wünschte ihm weiterhin "viel Spaß beim Fußball". Ob Tore schießen oder sie verhindern, was immer der Antrieb sein mag, ihn könne der Amateurkicker auf dem grünen Rasen ausleben, fand der Jurist. Verurteilen musste die Kammer den 40-Jährigen nicht. Die Erklärung von Oberstaatsanwalt Hermann Josef Gerhards war unmissverständlich: "Ich nehme die Berufung zurück." Damit ist der Freispruch, zu dem das Amtsgericht in Zerbst am 9. Juli vorigen Jahres gekommen war, rechtskräftig.

Ursprünglich war dem gebürtigen Halberstädter vorgeworfen worden, Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet zu haben. Die Anklagebehörde war davon ausgegangen, dass er am 21. April 2013 vorm Anpfiff eines Fußballspiels in Güterglück den Hitlergruß zeigte. Nach der Anhörung des Freizeitsportlers und von zwei Zeugen kam Gerhards aber zu dem Schluss, dass die Beweislast nicht für eine über jeden Zweifel erhabene Verurteilung ausreichte. Der 40-Jährige wollte gleichwohl nicht ausschließen, dass es bei der gegenseitigen Begrüßung der Teams zu einer missverständlichen Geste kam.

Zu persönlich gefärbte Eindrücke?

"In meinen Augen war das zwar überhaupt nicht der Fall, aber eventuell kam das für manchen anders rüber. Seither grüße ich auch anders und überlege drei Mal, was ich mache", sagte der Gödnitzer. Im Übrigen würde er auf dem Stuhl des Angeklagten vielleicht richtig sitzen, wenn er eine Veranlagung zu rechtsradikalem Gedankengut hätte. Genau das sei jedoch nicht der Fall. Auch gehe er nicht davon aus, dass ihm jemand aus Feindseligkeit ein derartiges Verhalten anhängen wolle. Rivalität gebe es nur auf dem Platz. Und die sowieso nur in fairem Rahmen. "Nach dem Spiel ist es gegessen", so der Hobbykicker.

Ein Zeuge, damals zunächst auf der Ersatzbank Platz nehmend und in seiner Freizeit noch als Schiedsrichter unterwegs, schloss nicht aus dass eine spezielle Schulung für den Umgang mit rechtsradikalen und fremdenfeindlichen Vorfällen für eine besondere Sensibilität sorgte. Tatsächlich habe es für ihn "im ersten Moment" so ausgesehen, als sei der Arm des Spielers gerade nach oben gegangen. "Für mich war es ein exakter Hitlergruß", sagte ein zweiter Beobachter der Szene. Da sei er "relativ sicher". Andererseits sei ihm der "äußerst faire" Akteur sonst nie unangenehm aufgefallen.

Für den Oberstaatsanwalt waren diese Eindrücke zu vage und zu sehr persönlich gefärbt, für eine Verurteilung.