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Drogenbericht schockiert / Missbräuche steigen "Willkommen in Meth-City"

Crystal Meth verdrängt alle anderen harten Drogen. Es sei im Landkreis
angekommen, sagt Michael Warthemann vom Polizeirevier Anhalt-Bitterfeld
den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses. "Das wird Sie noch lange
beschäftigen", fügt er an.

Von Sebastian Siebert 02.05.2015, 03:25

Zerbst/Köthen l "Willkommen in Meth-City" steht am Ortseingang Zerbst aus Bias kommend an einer Wand. Die Droge ist im ganzen Landkreis angekommen, erzählte Polizist Michael Warthemann den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses am Mittwoch bei deren Sitzung in Köthen.

Zahlen nannte Warthemann auch. 508 Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz habe es im vergangenen Jahr insgesamt gegeben. 423 richteten sich gegen Konsumenten, also den Erwerb und Besitz, 85 Verfahren wurden wegen Handeltreibens bearbeitet und abgetrennt.

Die Daten der ersten beiden Monate lägen vor, so ließe sich ein Vergleich ziehen, sagte er. 164 abgeschlossene Verfahren im Januar und Februar 2014 stehen 75 abgeschlossenen in diesem Jahr gegenüber. "Der Bestand der Verfahren liegt aber schon bei 200, was ganz schön viel ist", meinte der Fachmann.

2014 seien 408 Tatverdächtige ermittelt worden, darunter 65 weibliche Verdächtige. Fünf Tatverdächtige "in der Kinderklasse", wie Warthemann sagte, also Zwölf- bis 14-Jährige, seien ermittelt worden. 18 waren zwischen 14 und 16 Jahre alt, 19 waren bis 18 Jahre alt und 50 Verdächtige waren heranwachsend, also bis 21 Jahre alt.

Viele junge Tatverdächtige

167-mal seien Personen wegen unerlaubten Umgangs mit Methamphetaminen ermittelt worden. Zwei waren unter 16 Jahre alt, fünf unter 18 Jahre. 14 Heranwachsende wurden ermittelt.45 Täter sind unter 25 Jahre alt, betonte er. Die Zahlen seien nicht unbedingt repräsentativ, erläuterte der Fachmann. Denn meist werde die Polizei bei Kraftfahrern fündig, weil diese in Kontrollen auffallen. Bei Jugendlichen könne nur durch zielgerichtete Kontrollen der Tatbestand festgestellt werden. Damit werde nicht das korrekte Bild wiedergegeben.

"Wir hatten mal den Äquator Elbe", doch der scheine nicht mehr zu gelten. Nicht umsonst stehe am Ortseingang in Aken "Methtown" - Meth-Stadt.

"Wir werden damit rechnen müssen, dass eine Zunahme erfolgt", machte er deutlich. In Leipzig sei kaum noch Heroin erwerbbar, weil Meth den Markt erobert habe. Kokain sei im Landkreis kaum ein Thema. "Es spielt sich alles zwischen Marihuana und Crystal ab", sagte Warthemann. Es gebe keine offene Szene, "aber wir haben auch keine verdeckte Szene", so der Polizist. Es sei leicht, mit dem Auto über die tschechische Grenze zu fahren und sich dort mit der Droge einzudecken. Geld werde vorher von Konsumenten eingesammelt. Nur, wenn der Zoll etwas finde, bekomme das Revier davon etwas mit. "Dann kriegen wir die Anweisung, eine Hausdurchsuchung, oft auch mitten in der Nacht, vorzunehmen." Und die gebe es mittlerweile einmal im Monat.

Irreparable Hirnschäden

Meth werde die Ausschussmitglieder noch beschäftigen, sagte er den Politikern. "Das zerstört gerade im Gehirn Regionen, die nicht reparabel sind." Es gebe weder Medizin noch Therapie gegen diese Schäden. "Die Verhaltensauffälligkeiten solch junger Konsumenten sind eklatant", sagte er. Schwere Fälle seien nicht mehr bildungsfähig.

Der einzige Lichtblick sei, dass viele die Finger von der Droge lassen, weil sie einen sehr schlechten Ruf habe.

Das lasse sehr pessimistisch in die Zukunft blicken, meinte Ausschussvorsitzende Monika Reinbothe. Nein, beruhigte der Beamte. "Die meisten Jugendlichen sind sehr vernünftig."