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Europaschule Gymnasium Gommern Ausstellung "Der Weg zur Deutschen Einheit" eröffnet

Zur Ausstellungseröffnung "Der Weg zur Deutschen Einheit" gestern an der
Europaschule Gymnasium Gommern erhielten die Schüler noch einmal die
Möglichkeit ihr Projekt "Die friedliche Revolution 1989/90 in Gommern
und Umgebung vorzustellen.

Von Manuela Langner 11.06.2015, 03:14

Gommern l Ein geteiltes Deutschland und das Leben in der DDR haben die heutigen Schüler der Europaschule Gymnasium Gommern (EGG) im Gegensatz zu ihren Eltern und Großeltern nicht mehr kennengelernt. Gerade deshalb sei das Interesse der Projektgruppe an der friedlichen Revolution - an historischen Ereignissen, die direkt vor der Haustür stattfanden - groß gewesen, erklärte Franka Stephan.

Die Abiturientin moderierte gestern die Ausstellungseröffnung vor den 10. Klassen und geladenen Gästen und stellte gemeinsam mit den anderen Mitgliedern der Projektgruppe ihre Arbeit vor. Ziel sei es gewesen, "aus der Vergangenheit für die Gegenwart zu lernen".

Dabei sei es möglich gewesen, Geschichte ganz anders zu erfahren, als es im Unterricht möglich sei. "Wir haben nicht nur gelernt, wie man Stasi-Unterlagen liest, sondern auch, wie man wichtige Aspekte aus Zeitzeugen-Interviews herausfiltert."

Spurensuche im Stasi-Gefängnis

Die Schüler sprachen also mit Zeitzeugen wie dem früheren Bürgermeister Klaus Petersen oder Schulleiter Henry Bouet, arbeiteten sich durch Stasi-Unterlagen und besuchten Gedenkstätten wie beispielsweise das ehemalige Stasi-Gefängnis in Berlin-Hohenschönhausen. Entstanden sind eine Broschüre und eine Internetseite (www.mitbestimmung-ddr.jimdo.com).

Die Gommeraner Gymnasiasten waren schon in Berlin eingeladen, ihr Projekt vorzustellen, hatten auf der Wasserburg ein Heimspiel und präsentierten sich in Magdeburg auf der Meile der Demokratie. Beim Freistil-Jugendengagementpreis waren sie nicht nur nominiert, sondern gewannen auch einen Preis.

Das Projekt entstand in Kooperation mit der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität. Die Verbindung schuf Karsten Engel als ehemaliger Schüler und jetziger Student. "Ich bin sehr stolz auf das Ergebnis", sagte er und bedankte sich bei allen, die das Projekt sowohl finanziell als auch ideell gefördert haben.

Aus Sicht von Kulturstaatssekretär Dr. Jan Hofmann verwirkliche das EGG mit dem Projekt zur friedlichen Revolution (und nicht nur mit diesem) eines der wichtigsten Ziele, das sich das Land Sachsen-Anhalt im Bildungsbereich stelle: aktives Auseinandersetzen mit Geschichte. Als Zeitzeuge stellte Dr. Hofmann zwei Texte vor, die Ende 1989 geschrieben hatte und die den "Geist von Freiheit" atmeten.

Wie sehr die Freiheit zu DDR-Zeiten eingeschränkt sei, erzählte Zeitzeuge Stephan Hilsberg aus Berlin. Als Sohn eines Pfarrers habe er kein Abitur machen dürfen. Dabei hätte er gerne Mathematik und Physik studiert. Er lernte schließlich Facharbeiter für Datenverarbeitung, habe das auch gern gemacht, aber sei nie zufrieden gewesen. "Man spürt einfach nicht die Herauforderung, die man braucht, um glücklich zu sein."

Weshalb er sich erst 1988 der Opposition angeschlossen habe, wenn er mit der DDR schon länger unzufrieden war, wurde Stephan Hilsberg von einem Schüler gefragt. Die Oppositionellen hätten keinen Vorschlag gehabt, der ihn überzeugen konnte. "Ich habe versucht in der DDR einen Platz zu finden, an dem ich mit meiner Familie leben konnte." Es sei ein Prozess gewesen. Er hätte die DDR ab einem bestimmten Punkt gerne verlassen, seine Frau wollte nicht.

Aus heutiger Sicht ist er froh, dass sie geblieben sind. "Ich hätte es bereut", sagte er angesichts der Erfahrungen und Möglichkeiten, die sich 1989/90 für ihn eröffneten. Hilsberg wurde in die erste freie Volkskammer gewählt, gehörte zu den Gründern der SPD-Ost und war lange Jahre Mitglied im Bundestag.

Er räumte ein, dass er dank seiner politischen Karriere finanziell ausgesorgt habe, seinen Kindern das Studium ermöglichen könne, aber wollte die Schüler vor allem dafür sensibilisieren, dass Engagement zu Erfolgen führen kann. "Über die Möglichkeiten unserer Demokratie kann ich nur Gutes sagen." Aber man müsse den Problemen auf den Grund gehen, dafür sei viel Zeit und Arbeit vonnöten.

Die Ausstellung "Der Weg zur Deutschen Einheit - Eine Ausstellung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Dikatur und des Auswärtigen Amtes" ist ab heute im Foyer der Europaschule zu sehen.