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Fähre Tochheim–Breitenhagen Unerwartetes Treibeis führt erneut zu Verdienstausfällen

Von Thomas Linßner 27.01.2010, 05:53

Die Gierfähre Tochheim–Breitenhagen musste am Sonntag zum dritten Mal in diesem Winter ihren Betrieb wegen Eisgangs einstellen. Das Treibeis kam quasi über Nacht.

Tochheim / Breitenhagen.

" Das haben wir noch nicht erlebt. So schnell war das Eis noch nie da ", wundert sich Fährmann Erhard Kretzmann. Seit Sonntagvormittag müssen er und sein Sohn Andy am Ufer bleiben. Zwar hätte man laut Wetterprognose die Zwangspause befürchtet, aber nicht gedacht, dass das Eis so heftig kommt.

Der Eisdruck war auf einmal so stark, dass die Männer das Tochheimer Ufer nicht mehr erreichten. Wenn normalerweise noch Zeit bleibt, die Sperrschilder kurz vor der Stilllegung aufzustellen, war es am Sonntag anders. " Wir mussten mit dem Auto über Roßlau nach Zerbst fahren, um das Schild umzuklappen ", erzählt Kretzmann. Ein weiteres Sperrzeichen befindet sich in Rajoch. Damit die Kraftfahrer schon dort Bescheid wissen und nicht in die " Fährfalle ", sprich Sackgasse fahren.

Trotzdem übersehen besonders ortsfremde Kraftfahrer derartige Hinweise hin und wieder, die sich vom Navigationssystem leiten lassen. So stand am späten Montagnachmittag ein Mercedes mit Potsdamer Kennzeichen an der Fährstelle. " Ich dachte, hier ist eine Brücke. So genau habe ich mir die Karte nicht angeguckt ", gestand der Mann aus Golm. Ein Breitenhagener, der mit seinem Hund zur " Eisschau " ging, gab ihm dann den Tipp, über Dessau zu fahren.

Die zum Teil scharfkantigen Schollen können nicht nur Fährkörper und Seilanlage beschädigen. Auch das Gierprinzip funktioniert bei Treibeis nicht mehr.

Der Begriff bezeichnet jene Position eines Schiffskörpers, wo allein die Strömung des Flusses dazu ausreicht, ihn von einem Ufer zum anderen zu bringen. Dabei wird die Fähre in eine Stellung quer zur Strömungsrichtung gebracht. Das Treibeis bringt dieses physikalische Prinzip durcheinander.

Weil in Breitenhagen der Buchtnachen – er kennzeichnet jenen Punkt im Fluss, wo die am Hauptanker befestigte Fährkette an die Oberfläche tritt – nicht an Land geschleppt werden kann, ist auch er gefährdet.

Wie Erhard Kretzmann sagt, reißen bei Eisgang nicht selten die gelben Markierungsbojen ab, die dann aufwändig wieder vom Beiboot aus befestigt werden müssen.

" Wenn wir drei Nächte lang Temperaturen um die 10 Grad minus haben, kommt das Eis ", weiß der Breitenhagener aus Erfahrung. So war es auch in der Nacht von Samstag zu Sonntag.

Für Fährchef Andy Kretzmann und seinen Vater ist es in diesem Winter die dritte Zwangsruhe, die sie einlegen müssen. " Das ist nicht leicht für uns, weil wir dann keine Einnahmen haben ", erinnert der Senior daran, dass sie Pächter sind.

Derweil ihre Kollegen der Barbyer, Calbenser oder Groß Rosenburger Fähre Mitarbeiter im öffentlichen Dienst sind, die dann Stunden abbummeln oder andere Arbeiten zugewiesen bekommen, gehen die Kretzmanns bei Stillstand leer aus. Was fatal ist, weil Pachtzahlungen und Versicherungskosten ja weiter laufen.

Um dem Eisdruck aus dem Weg zu gehen, wird die Breitenhagener Fähre möglichst weit aus der Strömung " genommen ". Täglich sind Vater und Sohn dabei, sie immer wieder freizuhacken. Was erstens schonender für den Schiffskörper ist und zweitens die Inbetriebnahme beschleunigt, wenn es taut.

Doch bis dahin müssen die Kretzmänner und ihre Kunden wohl noch ein paar Tage warten.