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Steigendes Grundwasser und viele Niederschläge bereiten Abwasserentsorgern zunehmend Sorgen Akutes Problem: Pumpen und Klärung droht Überlastung

Von Andreas Mangiras 05.02.2011, 05:32

Wie Hausbesitzern und Landwirten treiben die extreme Nässe und der spürbar ansteigende Grundwasserspiegel auch den Abwasserentsorgern Sorgenfalten auf die Stirn. Im Klärwerk bei Niederlepte kommen erheblich mehr Kubikmeter Flüssigkeit an, als Abwasser in den angeschlossenen Haushalten und Firmen anfällt. Neben Niederschlägen und Wasser, das durch defekte Leitungen eindringt, macht den Entsorgern zunehmend ein Problem zu schaffen: Hausbesitzer pumpen in ihrer Not in ihre Keller eingedrungenes Grundwasser auch in Abwasserkanäle.

Zerbst. "Kontrollen in den Schmutzwasseranlagen haben in extremen Fällen ergeben, dass klares Wasser in Richtung Kläranlage gefördert wird und als Schmutzwasser nicht mehr erkennbar war", erklärt Wilfried Noack, Leiter Technik bei der Firma Heidewasser Magdeburg, gegenüber der Volksstimme. Die Firma ist Dienstleister für den kommunalen Abwasserentsorger Abwasser- und Wasserzweckverband Elbe-Fläming Zerbst.

Doch was ist die Ursache? "Sorge bereitet nunmehr, dass zunehmend auch in Kellerräumen eingedrungenes Grundwasser in erheblichen Mengen in den Schmutzwasserkanälen landet", umschreibt Noack. Es sieht danach aus, dass etliche Hausbesitzer, die ihr Eigentum und auch Heizungsanlagen in Kellern vor eindringendem Grundwasser schützen wollen, deshalb das Wasser abpumpen und teils unbewusst, teils bewusst in die Abwasserkanalisation einleiten. Das verschärft die schon angespannte Lage.

"In den letzten Monaten haben wir einen Anstieg des den Kläranlagen zugeleiteten Schmutzwassers zu verzeichnen", so Noack. Als Ursachen nennt er einerseits die enorm gestiegenen Regenmengen, insbesondere im November 2010, die anteilig immer über die Kanaldeckel in den Schmutzwasserkanal gelangen und andererseits das überall steigende Grundwasser, das über alte Kanäle, Schächte und Hausanschlüsse eindringt.

Heidewasser-Technik-Chef Noack warnt: "Die Abwasseranlagen sind für eine derartige Belastung nicht ausgelegt. Das führt dazu, dass die Pumpwerke einen wesentlich höheren Stromverbrauch haben und einem zusätzlichen Verschleiß unterliegen." Heidewasser sieht bis zu 30 Prozent höheren Stromverbrauch.

Was bedeutet das? Es gibt ein technisches und ein finanzielles Problem.

"Durch die Überlastung kann ein Rückstau im Kanal eintreten, der die Entsorgung der Grundstücke einschränken oder sogar zum Zurückdrücken des Wassers auf einzelne Grundstücke führen kann", so Techniker Noack. "Ebenso führen diese Fremdwassermengen zur Überlastung der Kläranlagen, schlimmstenfalls zu Funktionsstörungen."

Kosten trägt letztlich der Abwasserkunde

Kommt zu stark verdünntes Abwasser ins Klärwerk, springt die dort angesetzte Biologie, die das Abwasser klären soll, nicht an oder bricht gar zusammen. Das heißt: Abwasser wird nicht geklärt.

"Neben erheblichen zusätzlichen Betriebskosten besteht auch die große Gefahr, dass Grenzwerte zur Einleitung des geklärten Schmutzwassers in den Vorfluter überschritten werden und somit zusätzliche Sanktionen bei der Abwasserabgabe entstehen können", warnt Noack.

Und nun die finanzielle Konsequenz: Höhere Stromkosten im Betrieb müssen ebenso als Teil der Abwasserentsorgung von den Kunden der Entsorgungsverbände getragen werden wie die deutlich größen Flüssigkeitsmengen.

Beispielhaft hat Dienstleister Heidewasser folgende Rechnung aufgemacht: Der Fremdwasseranteil an die Klärwerke eingeleiteten Gesamtmenge an Flüssigkeit ist von 2009 zu 2010 von 43 auf 57 Prozent angestiegen. Das ist eine Steigerung um gut ein Drittel.

Nimmt man etwa das Klärwerk des privaten Betreibers SUT bei Niederlepte liegt die Steigerung sogar bei 39 Prozent. Im Jahr 2009 kamen hier 1,56 Millionen Kubikmeter an, im vorigen Jahr waren es immerhin 2,18 Millionen Kubikmeter.

Die Niederschlagsmengen seit November 2010, das Hochwasser und das damit weiter ansteigende Grundwasser lassen eine weitere Verschärfung erahnen. Dem wollen die Abwasserentsorger entgegenwirken und die Kundschaft für diese Situation sensibilisieren. Gleichzeitig ist ihnen das Dilemma bewusst. Hauseigentümer können letztlich nicht warten, um ihr Eigentum zu schützen. Das Wasser aus den Kellern jedoch in den Abwasserkanal leiten, löst ein Problem auf Kosten eines dann neu entstehenden.

Letztlich sind davon "alle Gebührenzahler betroffen, da die kalkulierten Kosten überschritten werden", betont Wilfried Noack. "Dem möchten wir unbedingt entgegenwirken." Er weist darauf hin, "dass die Einleitung von Grundwasser in den Schmutzwasserkanal generell nicht gestattet und von den Grundstückseigentümern zu unterlassen ist. In betroffenen Bereichen führen wir auch Kontrollen durch."