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Teil 5 der Serie "Zerbster Juwelen" / Heute: Barbara Lüder Ein Ort, der entdeckt werden will - im Herzen der Stadt

Von Judith Kadow 04.03.2011, 04:27

Es gibt unzählige Juwelen, die in Zerbst zu finden sind. Kleine verschlafene Ecken, große beeindruckende Bauwerke, Spuren historischer Persönlichkeiten, die mitunter erst auf den zweiten Blick zu sehen sind. Und es gibt engagierte Stadtführerinnen, die diese Juwelen interessierten Besuchern aus nah und fern zeigen. Auch sie sind Zerbster Juwelen.

Zerbst. Um den Lieblingsort von Stadtführerin Barbara Lüder zu entdecken, braucht es schon eine Frau vom Fach, die Touristen, aber auch interessierte Einheimische dieses Juwel zeigt: Den kleinen Klostersaal, der im Herzen des ehemaligen Augustinerklosters in Zerbst liegt, dem heutigen Seniorenheim Am Plan.

"Die Nicolaikirche, die Schloßfreiheit oder St. Trinitatis sind Orte, die sofort ins Auge fallen. Aber der kleine Klostersaal ist ein Ort, der erst entdeckt werden muss", erklärt Lüder ihre Wahl, die regelmäßig Bewunderung bei den Besuchern hervorruft. "Es gibt eigentlich immer ein ,Ah\' zu hören", weiß sie aus Erfahrung.

Das Augustinerkloster ist im Vergleich zu den beiden anderen Klostern in Zerbst mit einer weniger wechselhaften Geschichte versehen, weniger spektakulär in die Geschichte eingegangen. "Daher führt es wohl auch so eine Art Schattendasein, was mich sehr reizt", betont die Zerbsterin.

1394 fertig erbaut - 1522 predigte Luther hier - wurde es 1525 an den Rat der Stadt ver-kauft. 255 Gulden zahlten die Stadtväter. "Man sagt, dass der Vorsteher und fünf weitere Mönche singend die Stadt in Richtung Magdeburg verließen", erzählt Lüder. Singend, weil sie das Geld in ihren Taschen davontrugen. "Daher zeigt die Statue auf dem Vorhof auch einen pfeifenden Mönch mit einem Sack auf dem Rücken."

Die Stadt richtete hier ein Hospital ein, das 1556 zu Teilen abbrannte. "Es wurde wieder aufgebaut, zum Teil neugebaut. 1927 ist das Feierabendheim hier eingerichtet worden." Mit anderen Worten: Seit Jahrhunderten steht hier der Dienst am Menschen im Mittelpunkt.

Doch auch mit der Schloßfreiheit verbindet Barbara Lüder besondere Erinnerungen. "Ich war dort viele Jahre als Lehrerin tätig - bis die Schule dort auszog." Danach unterrichtete sie in Lindau, leitete dort die Schule bis sie vor zwei Jahren in den Ruhestand ging. "Dann habe ich vom Stadtführer-Kurs gelesen und habe mitgemacht." Sie wollte besser über ihre Heimatstadt Bescheid wissen. "Ich fand es immer beschämend, dass ich auf Fragen von Besuchern nie richtig antworten konnte. Ein bisschen La-La und das war\'s. Das wollte ich ändern."

Der Schritt, danach als Stadtführerin tätig zu werden, stand bei dieser Entscheidung jedoch eher an zweiter Stelle. Einige Führungen hat die 64-Jährige nach Abschluss des Kurses bereits gemacht - darunter auch mit Kindern. "Jede Gruppe ist anders. Aber es macht unheimlich viel Spaß."

Dennoch stellt sie immer wieder fest, dass Zerbst für viele Menschen erst eine Liebe auf den zweiten Blick ist. "Es sind doch zum Teil recht lange Wege zwischen den einzelnen Sehenswürdigkeiten. Die Wege muss man eben mit Bedacht wählen."

Doch wenn sich dann ein Raum wie der kleine Klostersaal vor den Besuchern auftut, ist alles vergessen. "Ich finde, dieser Raum gibt einen Eindruck, wie das Kloster hier einmal ausgesehen hat. Wunderschön." Und gerade in der Lutherdekade ist auch das Augustinerkloster - Luther war selbst Augustinermönch - ein Muss für jeden Besucher.

Wer Interesse an einer Stadtführung hat, kann nähere Informationen zu den verschiedenen Routen bei der Zerbster Tourist-Info unter (0 39 23) 76 01 78 oder 23 51 erhalten.