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In Kommunen steigt die Anzahl der Anfragen und Anträge zu privaten Osterfeuern Brauchtum oder Verbot umgehen?

Von Anja Keßler 19.04.2011, 04:30

Die großen Feuer, die von den Gemeinden und Freiwilligen Feuerwehren zum Osterfest veranstaltet werden, sind Tradition. Doch in diesem Jahr gründen sich in erstaunlich vielen Orten des Jerichower Landes neue Brauchtümer.

Leitzkau/Lübars/Burg/Genthin. In Lübars bei Möckern wird es am Sonnabend zwischen 15 und 20 private Brauchtumsfeuer geben. "Soviel hatten wir noch nie", sagt Ortsbürgermeister Walter Friedrich. "Wir haben sogar überlegt, unser Osterfeuer der Gemeinde abzusagen", erklärt Friedrich. Denn die freiwillige Feuerwehr des Ortes veranstaltet seit Jahrzehnten das Osterbrennen und befürchtet wegen der vielen privaten Brauchtumsfeuer einen Einsatz. "Es ist so trocken, Regen wird nicht erwartet, da kann schnell mal was passieren", sorgt sich der Ortschef.

Doch woher kommt der sprunghafte Anstieg? Schnell kommt man bei der Beantwortung der Frage zur Aufhebung der Ausnahmeregelung zur Gartenabfallverbrennung. "Offen hat keiner gesagt, dass er jetzt ein Osterfeuer anmeldet, weil die Gartenabfälle nicht mehr verbrannt werden dürfen", sagt Friedrich. "Aber das ist doch der Grund." Er könne die Leute auch verstehen, "die Entscheidung im Landkreis war einfach zu kurzfristig". Mit dem Leiter der Lübarser Feuerwehr hat Friedrich jetzt abgesprochen: "Das Feuer findet wie geplant statt, die Kameraden werden in voller Stärke vor Ort sein und sind im Ernstfall einsatzbereit."

Tatsächlich sind die Anmeldungen für private Feuer in Möckern in diesem Jahr sprunghaft angestiegen. Bauamtsleiter Mathias Klack spricht von einem Plus von weit mehr als zehn Prozent. Auch er sieht den Zusammenhang zum Verbrennverbot im April: "Das liegt auf der Hand."

"Wir haben viel neues Brauchtum"

Auch in Gommern wird es am Ostersonnabend deutlich mehr Feuer geben als in den Jahren zuvor. "Eine genaue Zahl haben wir nicht erfasst, aber wir bearbeiten wesentlich mehr Anträge", erklärt Heike Müller vom Ordnungsamt. Für ein privates Osterfeuer müssen im Antrag ein Verantwortlicher, die Ort und die Zeit angegeben werden - mehr nicht. Bisher sei kein Antrag abgelehnt worden.

Das Thema Gartenabfallverbrennung beschäftigte auch den Ortschaftsrat in Leitzkau. "Wir haben keinen genehmigten Sammelplatz für Grünschnitt", erklärt Ratsmitglied Frank Krehan. "Aber unser traditioneller Osterfeuerplatz ist umzäunt. Also haben wir für unsere Bürger Öffnungszeiten eingerichtet und angeboten, dass sie ihren Grünschnitt abgeben können." Zu den bisherigen Terminen sei das gut angenommen worden. Am Mittwoch zwischen 15 und 18.30 Uhr und am Ostersonnabend von 9.30 bis 11 Uhr gibt es noch die Möglichkeit, Grünschnitt fürs Feuer abzugeben. Grundsätzlich löst es das Problem in Leitzkau nicht. "Die Sammelstelle in Gommern ist zu weit weg. Im Rat überlegen wir derzeit, wo im Ort ein Sammelplatz eingerichtet werden kann und wie kontrolliert wird, dass auch wirklich nur das dort landet, was dorthin gehört", so Krehan.

In Biederitz sind etwa 15 Prozent mehr Anträge von privat eingegangen. "Wir verzeichnen viel neues Brauchtum", sagt Karsten Völckel mit ironischem Unterton. Mit Hilfe der Polizei will die Einheitsgemeinde am Sonnabend verstärkt kontrollieren. "Die Feuer sind auf mehrere Ortsteile verteilt. Wir hoffen, dass dadurch keine allzu große Belästigung eintritt." Man habe keinen Antrag abgelehnt, wenn die Formalien eingehalten wurden.

Durch den Kreis geht in der Genehmigungspraxis eine Teilung. Während die Kommunen Biederitz, Gommern und Möckern grundsätzlich alle Brauchtumsfeuer genehmigen, lehnen Burg, Genthin, Elbe-Parey und Jerichow alle Anträge von Privaten ab. Volker Zunder, Ordnungsamtsleiter in Elbe-Parey bringt es auf den Punkt: "Wer eine neue Tradition begründen will, hat bei uns schlechte Karten." Soll heißen, wer in seinem Antrag auf ein Osterfeuer nicht nachweisen kann, dass es sich um einen langjährigen Brauch handelt, bekommt keine Genehmigung. "Wir brauchen kein neues Brauchtum mehr." Damit will die Gemeinde Schlupflöcher geschlossen halten, die das kreisliche Verbrennverbot umgehen könnten.

In Genthin geht man diesen Weg bereits seit drei Jahren. "Die privaten Feuer hatten Überhand genommen. Darum genehmigen wir diese nicht mehr", erklärt Kurt Stobernack vom Ordnungsamt. Trotzdem habe die Stadtverwaltung in diesem Jahr mehr Anfragen erhalten. So wie in Jerichow, erklärt Bärbel Gottschling vom dortigen Ordnungsamt. "Wir haben wieder die privaten Feuer genehmigt, die uns aus früheren Jahren bekannt sind. Alle übrigen Anfragen haben wir abgelehnt."

In Burg gibt es eine Ausnahme für ein privates Feuer: "Im Ortsteil Gütter veranstaltet die Familie Hüttner an der Mühle Zänker zum ersten Mal ein Feuer für den Ort", erklärt Burgs Pressesprecher Bernhard Ruth. Die Genehmigung gibt es, weil die Veranstaltung öffentlichen Charakter hat. Für alle anderen gilt: "Am Sonnabend gibt es verstärkte Kontrollen." Ruth erinnert daran, dass das nicht genehmigte Verbrennen eine Ordnungswidrigkeit ist und mit bis zu 5000 Euro bestraft werden kann. "Wenn die Feuerwehr Burg ausrücken muss, weil sie zum Beispiel vom Nachbarn eines zündelnden Gartenbesitzers alarmiert wurde, kostet der Einsatz 500 Euro, die der Verursacher zu zahlen hat."

"Fällt nicht in unsere Zuständigkeit"

Die Kreisverwaltung sieht sich derweil nicht in der Pflicht: "Brauchtumsfeuer sind Sache der Kommunen, das fällt nicht in unsere Zuständigkeit", erklärt Sprecher Henry Liebe. Dass die Kommunen jetzt diejenigen sind, die sich mit den Feuern auseinandersetzen müssen, sieht Liebe nicht als Problem. "Die Verwaltungen agieren autark." Bisher habe sich keine Kommune mit Bitte um Unterstützung an den Kreis gewandt. Die Luftqualität, die als Hauptgrund für die Aufhebung der Ausnahmeregelung angeführt wurde, sieht Liebe durch die Feuer - ob privat oder öffentlich - nicht gefährdet.