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Gummersbacher Berufsschüler schnupperten eine Woche lang in ihrer Burger Partnerschule in praktische Berufe / Ihr Fazit : "Leute und Häuser, alles sieht hier anders aus"

Von Sabine Neziri, 18 : " Ich will später 26.01.2010, 04:52

Hügelig, waldig – so präsentiert sich das im Oberbergischen Kreis gelegene, vor allem Handballfans bekannte Gummersbach ( Nordrhein-Westfalen ) seinen Besuchern. Kein Wunder, dass die von dort für eine Woche in die Partnerstadt Burg gereisten Berufsschüler über das " flache, weite Land " staunten, aber auch über die verwinkelten Gassen der Rolandstadt. " Leute, Häuser, alles sieht hier anders aus ", sagen die 16- bis 18-Jährigen. Aber : Die Burger sind sehr nett, finden die Gäste.

Burg. Bereits Mal sind Schüler der Gummersbacher Berufsschule im Rahmen der Schulpartnerschaft mit der Burger Berufsbildenden Schule " Conrad Tack " hier zu Gast und schnuppern eine Woche lang in praktische Berufe hinein. Kochen, Hauswirtschaft, Kosmetik, Metallverarbeitung und Bau stehen auf dem Plan der 14 Schüler. " Unsere zum vierten Schule in Gummersbach ist nur auf kaufmännische Berufe ausgelegt. Da ist es wertvoll, hier praktisch arbeiten zu können ", freut sich der begleitende Sozialarbeiter Michael Israel. Seine Schützlinge vom Berufskolleg Oberberg können zusammen mit Burger Berufsschülern ausprobieren, was ihnen liegt. " Ich habe noch nie genäht, aber es ist gar nicht so schwer ", sagt die 17-jährige Esma und zeigt stolz ein rotes Plüschherz, das sie selbst hergestellt hat. Leichter hat es da Yeliz, 16. Sie steht mit einigen Mitschülern in der Küche, was sie auch von zuhause kennt.

" Allerdings kochen wir hier deutsche Gerichte und nicht türkisch ", sagt sie. Das ist etwas Neues für die im besten Sinne so zu nennende Multikulti-Klasse, genauso wie die Lebenseinstellung der Jugendlichen aus Burg. " Alle sind hier entspannter und machen nicht nur Schaulaufen ", lobt die 18-jährige Sabine den lockeren Umgangston an der Berufsschule. " Alle sind total nett hier in Burg ", ergänzt Yeliz, die ein paar Bedenken hatte, man könnte mit Fremdenfeindlichkeit auf sie und ihre Mitschüler reagieren. " Natürlich sind die Leute neugierig und schauen uns nach ", sagt Esma, die ein Kopftuch trägt. Was in Gummersbach alltäglich ist, sehe man hier eher selten. " Bei uns gibt es mehr Geschäfte und an jeder Ecke einen Döner-Imbiss. " Die müsse man hier suchen, stellt die 17-Jährige fest. Für sie und die anderen Schüler aus Gummersbach ist die Fahrt nach Burg eine kleine Auszeichnung, genauso wie für die Burger Schüler der Gegenbesuch im Mai, erklärt Vera Wilkes, die für den Kontakt mit der Austauschschule zuständig ist.

Angela Merkel gesehen

Höhepunkt des Besuches im " flachen Land " war für die Schüler die Fahrt in die recht nahe Bundeshauptstadt Berlin am Mittwoch. " Es war toll, mal das Brandenburger Tor und den Reichstag zu sehen ", denkt Dennis Wagnermeyer zurück, der als zukünftiger Hotelfachmann auch mal ein Auge auf die Nobelherbergen Berlins warf. " Wir haben sogar Angela Merkel gesehen ", erinnern sich die Gummersbacher. Die kennen sie sonst nur aus dem Fernsehen. Die Mädchen in der Klasse nutzten natürlich die Gelegenheit, ausgiebig einzukaufen.

Auch in Burg wurde den Jugendlichen, die morgen mit dem Zug die neuneinhalbstündige Heimreise antreten, nicht langweilig. In der Tenne gingen sie bowlen und besuchten mit Hilfe des Heimatvereines das Schuhmuseum. Außerdem besichtigten sie eine Gummersbacher Firma, die eine Außenstelle in Burg unterhält, um Kontakte zu künftigen Arbeitgebern zu knüpfen. Der Besuch in der Ihlestadt sollte schließlich nicht nur reine Erholung sein, sondern den Berufsschülern vor allem neue Möglichkeiten aufzeigen oder ihnen bei der Entscheidung helfen, welcher Beruf später vielleicht der Richtige ist.

" Auch die Unterbringung ist Teil dieser Orientierungsphase ", sagt Sozialpädagoge Michael Israel. Die von ihm und Kollegin Kerstin Deters begleiteten Schüler schlafen in von der Burger Wohnungsbaugenossenschaft angemieteten Wohnungen im Paddenpfuhl. " Das ist ein wenig wie in einer WG und stärkt unheimlich das Gemeinschaftsgefühl der Gruppe ", sagt Israel. Auch für das eigene Essen sind die Schüler verantwortlich. Reihrum organisieren sie das Frühstück in der Berufsschule und kochen dort für ihre Mitschüler auch ein schmackhaftes Mittagessen.

Ohne Helfer unmöglich

" Wir freuen uns, dass ein regionaler Lebensmittelhersteller uns Geflügel zur Verfügung gestellt hat, weil einige der Schüler religionsbedingt kein Schweinefleisch essen dürfen ", sagt Organisatorin Vera Wilkes. Überhaupt sei der gesamte Austausch ohne Sponsoren und Unterstützer nicht möglich, weiß sie. Schön sei es da, dass der Austausch für Schüler und Lehrkräfte beider Berufsschulen wie selbstverständlich zum Jahresplan gehört und fremde Gesichter auf Besuch nichts Unbekanntes mehr sind. " Ich freue mich, dass mal andere Schüler da sind, alle sind sehr nett ", sagt auch die Burger Berufsschülerin Astrid Plackebusch, die mit ihren Mitschülern bei allen praktischen Arbeiten helfend zur Seite stand. Neue Freundschaften sind so entstanden, und mit Sicherheit wird die eine oder andere Träne kullern, wenn die 14 Gummersbacher morgen wieder die Heimreise antreten.