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Zerbsterin Irmgard Mohs engagiert sich (nicht nur) als Chefin der Postsenioren "War schon immer jemand, der helfen wollte"

Von Antje Rohm 01.02.2012, 04:27

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Heute: Irmgard Mohs

Zerbst l "Es macht ja sonst keiner." Feststellung und Motivation zugleich ist das für Irmgard Mohs. Seit 20 Jahren ist sie jetzt "Chefin" der Zerbster Postsenioren. Nicht nur so, nicht nur, damit es gemacht ist, sondern mit viel Engagement und Aktivität.

Irmgard Mohs ist Zerbsterin, wird vor bald 85 Jahren hier geboren. Über den Kriegshilfsdienst kommt sie zur Post - und bleibt. "Nach dem Krieg mussten wir die Post noch aufräumen, dann war erst einmal Schluss. Aber als es 1954 weiter ging, haben sie mich wieder geholt", erzählt sie. Als Fernmelderin/Telegrafistin arbeitet sie fortan überwiegend halbtags, der Kinder wegen. Arbeitet noch über die Rente hinaus, "eigentlich bis zur Wende".

Während ihrer beruflichen Tätigkeit bereits und bis heute ist die Zerbsterin für die Gewerkschaft aktiv. Und wohl auch deshalb wird sie angesprochen, als es darum geht, die ostdeutschen Postler 1992 in das seit vielen Jahrzehnten schon in den westdeutschen Bundesländern existierende Betreuungswerk für Post, Postbank und Telekom einzugliedern. So entstehen auch die Zerbster Postsenioren. Heute befindet sich die zuständige Betreuungswerk-Geschäftsstelle für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in Dresden.

"Ich wusste nicht, dass es so lange und ausdehnend wird", sagt Irmgard Mohs heute. 164 Postsenioren sind es am Anfang, heute noch 104. Unterschiedlich ist die Beteiligung zu den Veranstaltungen, anderen Vorhaben. Es ist Vieles und Vielseitiges, was Irmgard Mohs da organisiert, weit über vielleicht einen Geburtstagsglückwunsch oder eine Weihnachtsfeier hinaus. "Die Postsenioren helfen mir dabei sehr, dafür herzlichen Dank", so die "Chefin". Ein Hauptanteil ist aber schon bei ihr, die sich auch auf dem ein oder anderen Seminar für ihr Ehrenamt weitergebildet hat.

Am Anfang ist die Villa "Musik Kunst" ein wichtiger Postsenioren-Anlaufpunkt. Es gab die sogenannte Neigungsgruppe Handarbeiten "und wir haben alles gemacht", hin bis zum - keine Handarbeit - Yoga über die Volkshochschule.

Seit es die Villa nicht mehr gibt, freuen sich Irmgard Mohs und ihre Postsenioren, einen Raum im Postgebäude nutzen zu können. Hier wird, wie Anfang des Monats, in alten Fotos und Unterlagen geblättert, hierher laden sie sich, wie gerade Viola Tiepelmann von der Tourist-Information, verschiedenste Partner für Vorträge ein, hier wird gebastelt, sind Politiker bei den Postsenioren zu Gast, denen sie sagen, was ihnen auf den Nägeln brennt ... Aber sie besuchen auch den Landtag, den Bundestag. Gute Tradition sind die Spargel-essen geworden.

Eine Tombola zur ers- ten Weihnachtsfeier erbrachte 330 D-Mark. Sie kamen der Unterstützung von Postwaisenkindern zugute, einem Anliegen, dem sich die Zerbster Postsenioren seitdem verschrieben haben. Irmgard Mohs liegt ohnehin das Wohl der Kinder ganz besonders am Herzen.

Erst als Postmitarbeiter, dann als Postsenioren haben die Akteure um Irmgard Mohs in besonderer Weise zum Kulturleben der Stadt Zerbst beigetragen. 50 Ausstellungen haben sie gestaltet, vor allem zu den Kulturfesttagen, aber auch in der Volksbank. "Jetzt wird es immer problematischer, die Sachen für eine Ausstellung zusammen zu holen", sagt Irmgard Mohs. Sie wird sich selbst aber auch in diesem Jahr an der Hobbyausstellung der Zerbster Kulturfesttage beteiligen.

Seit 1994 gibt Irmgard Mohs die "Zerbster Senioren-Post" heraus. Zunächst viermal, jetzt dreimal jährlich erscheint das Informationsblatt, gerade in der 71. Ausgabe. Sie bereitet die kleine Zeitung inhaltlich vor, mit Rückblicken auf Postsenioren-Erlebtes, Ausblicke auf Vorhaben, Glückwünschen ... In Stuttgart und Dresden wird sie aufbereitet.

Das Zerbster Postgebäude liegt Irmgard Mohs am Herzen. Sie hat sich auch schon bemüht, den neuen Eigentümer, das ist nicht mehr die Post, zu erreichen, damit etwas gegen den Verfall des Gebäudes getan wird. 2012 steht das Gebäude seit 115 Jahren. Eine kleine Feierlichkeit organisiert im September - Irmgard Mohs, hat dazu auch im aktuellen Heimatkalender geschrieben.

Neben all dem waren sie und ihr 2009 verstorbener Ehemann Günter Mohs, der sie auch in ihrer Postseniorenarbeit immer sehr unterstützt hat, fünf Jahre im Zerbster Stadtseniorenbeirat.

Zum Jahresende hat sich Irmgard Mohs einen Traum erfüllt, hat ein Büchlein mit eigenen Texten und mit Bildern ihres Mannes herausgegeben. Ein zweites soll folgen.

"Die Handarbeiten und das Schreiben hilft mir auch in schweren Zeiten", sagt sie, die gerade einen Sohn nach schwerer Krankheit verloren hat.

Woher nimmt Irmgard Mohs die Kraft für ihr vielfach auch ausgezeichnetes Engagement? "Ich weiß es gar nicht" sagt sie, sei aber schon immer jemand gewesen, der zuhören konnte, helfen wollte.

Nun aber ist ihr auch eines wichtig: "Ich suche einen Nachfolger für meine ehrenamtlichen Tätigkeiten."