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Sonderausstellung um Calvinismus im Museum der Stadt Zerbst Amling: Von Zerbst aus prägende Rolle für Anhalt

Von Helmut Rohm 15.05.2010, 05:19

Im Museum der Stadt Zerbst ist noch bis zum 29. Mai die Sonderausstellung "Johannes Calvin und die Reformierten in Mitteldeutschland" zu sehen. Sie widmet sich auch Wolfgang Amling (1542-1606), der 1573 Pfarrer und Superintendent in Zerbst wurde und prägend für die Calvinistische Reformation in Anhalt war.

Zerbst. Es kommt nicht von ungefähr, dass in der Nachbarvitrine des im Museum der Stadt Zerbst ausgestellten Hauptwerkes von Johannes Calvin das Originalbuch mit der Leichenpredigt auf Wolfgang Amling aus dem Jahre 1606 ausgestellt ist. Calvins "Instituto Christianae Religionis", dessen Kommentierung der Bibel, erschien erstmals 1536 und in seiner Endfassung im Jahre 1559.

Diese beiden wertvollen Bücher gehören der Francisceumsbibliothek Zerbst und wurden als Leihgabe zur Verfügung gestellt. Sie und weitere Originale – wertvolle Bücher der Francisceumsbibliothek aus der Zeit des Calvinismus ergänzen die noch bis zum 29. Mai gezeigte Wanderausstellung "Johannes Calvin und die Reformierten in Mitteldeutschland". Und diese erhält durch die nur in Zerbst präsentierten "Ergänzungen" einen engen bedeutsamen lokalen Bezug.

Spuren in der Stadt

Auf den insgesamt 28 sogennannten Roll-Ups der Übersichts-Ausstellung ist zum Beispiel Wolfgang Amling (1542-1606) nicht erwähnt. Aber gerade er war prägend für die Calvinistische Reformation, die sogenannte "andere Reformation", in Anhalt.

Noch heute findet man Spuren Amlings in Zerbst, direkte, aber mehr geistige. An die ehemalige Bartholomäischule auf der Zerbster Schloßfreiheit erinnert eine Hinweistafel. Später gab es dort eine Druckerei. 1806 wurde die "Zerbster Extrapost" herausgegeben. Nach 1945 befanden sich dort einige Büros des Rates der Stadt. In dieser Schule, leider auf der Gedenktafel nicht erwähnt, war Wolfgang Amling 1566, aus Jena kommend, bis 1569 als Rektor tätig

Neben dem Südportal der Zerbster Trinitatiskirche (Eingang Rennstraße) hängt ein Bildnis, das vermutlich Wolfgang Amling zeigt, der 1577 zum Superintendent in Zerbst berufen wurde.

Amling kam 1542 im fränkischen Münnerstadt als Sohn eines Wollwebers und dortigen Bürgermeisters zur Welt. Er studierte an den Universitäten in Tübingen, Wittenberg und Jena. Nach seiner dreijährigen Zerbster Rektorenzeit an der Bartholomäischule musste er aus familiären Gründen nach Münnerstadt zurückkehren. Wolfgang Amling kam allerdings bereits 1572 nach Zerbst zurück. Da jedoch in Zerbst gerade keine Pfarrstelle frei war, ging er für ein Jahr nach Coswig. Ein Jahr später konnte er die Pfarrstelle an St. Nicolai Zerbst übernehmen.

Schriften im Francisceum

Als Anhänger der philippistischen Bewegung (Anhänger von Melanchthon) und der sich in einigen Ländern Europas stark verbreiteten reformierten Glaubenslehre Calvins setzte er sich aktiv für die Durchsetzung dieser Glaubensrichtung in Anhalt ein. Im Jahre 1578 verfasste Wolfgang Amling mit der "Confessio Anhaltina" die theoretische Grundlage der Reformierten in Anhalt.

Mit Zustimmung des in Anhalt regierenden Fürsten Joachim Ernst nahm Wolfgang Amling als Superintendent ab 1578 die Ordination der anhaltischen Pfarrer in Zerbst selbst vor. Ein Großteil lutherisch geprägter Pfarrer wurden von ihm entlassen. Zu Amlings bedeutendsten Taten gehörte sein maßgeblicher Einfluss auf die Gründung der Anhaltischen Landesuniversität, des "Gymnasiums illustre" 1582.

Wolfgang Amling hat dort selbst als Theologieprofessor gelehrt. Dadurch konnten vor allem die Studenten, Lehrer und besonders die künftigen Theologen dem starken lutherisch geprägten Einfluss der Universitäten in Leipzig und Wittenberg entzogen werden.

Die weit über die Grenzen Anhalts hinausreichende Bedeutung dieser anhaltischen Bildungseinrichtung belegen auch die in den vorliegenden Original-Matrikeln der Francisceumsbibliothek vermerkten Herkunftsländer der Studierenden. Neben einheimischen haben Studenten aus Schlesien, Franken und der Pfalz sowie Böhmen, Dänemark und Siebenbürgen am "Gymnasium illustre" gelernt.

Viele von Amling verfasste Schriften und veröffentlichte Werke befinden sich im Original in der Francisceumsbibliothek. Wolfgang Amling starb am 18. Mai 1606 in Zerbst.