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Betreuung von Langzeitarbeitslosen und ALG II-Empfängern / Bisher KommBa und Arge Kreis will in eigener Regie nach Zerbster Vorbild agieren

31.05.2010, 05:23

Statt Arge und KommBa favorisiert der Kreis Anhalt-Bitterfeld nur noch eine Einrichtung und sieht gute Chancen dafür, die Betreuung ab 2011 einheitlich in eigener Regie zu übernehmen. Als Vorbild dient das Zerbster Modell. In den Kreistagsgremien wird darüber beraten.

Zerbst/Köthen (am/mz/uli). Im Zuge der geplanten Verfassungsänderung (Kritik an der Mischverwaltung von Kommunen und Arbeitsagenturen) und im Auftrag des Kreistages will der Kreis Anhalt-Bitterfeld ab dem 1. Januar 2011 das Verwaltungshandeln auf diesem Gebiet vereinheitlichen. Das heißt, es soll nur noch eine Einrichtung im Kreis geben, die sich um die Betreuung der Langzeitarbeitslosen kümmert.

Wie die Betreuung Langzeitarbeitsloser im Kreis Anhalt-Bitterfeld künftig organisiert werden soll, darüber informierte Rainer Jacobshagen, Leiter der Koordinierungsstelle für Arbeit, Soziales/Arbeitsmarktförderung, die Mitglieder im Ausschuss für Soziales und Gesundheit die Kreistages Anhalt-Bitterfeld ("Volksstimme" berichtete kurz).

Derzeit gibt es in Anhalt Bitterfeld noch zwei unterschiedliche Grundsicherungsträger, die Arge Anhalt-Bitterfeld und die Kommunale Beschäftigungsagentur (KommBa).

In der KommBa Zerbst betreuten Ende des vorigen Jahres 54 Mitarbeiter 2 050 Bedarfsgemeinschaften. Fünf Jahre zuvor waren es in Anhalt-Zerbst noch etwa 6 000 Bedarfsgemeinschaften mit 109 Mitarbeitern. Im Schnitt benötigt die KommBa 6,3 Tage für einen Bescheid.

In der Arge Anhalt-Bitterfeld für die Regionen Köthen und Bitterfeld gab es Ende 2009 fast 12 000 Bedarfsgemeinschaften. Im Jahr 2005 waren es noch etwa 15 600. Die Zahl der Mitarbeiter wuchs von 196 auf 293. Allein in diesem Bereich wurden 2009 etwa 53 Millionen Euro an ALG II und Wohngeld ausgezahlt. Im Jahr 2005 waren es noch etwa 60 Millionen Euro.

Wie Jacobshagen informierte, sind bisher im gesamten Bundesgebiet 69 optionierende Kommunen zugelassen (Betreuung der Langzeitarbeitslosen erfolgt durch die Kommune). Künftig sollen weitere 41 Zulassungen an kommunale Träger erfolgen. Davon sollen auf Sachsen-Anhalt zwei zusätzliche Optionen entfallen.

Bisher gibt es in Sachsen-Anhalt nach der Kreisgebietsreform vier sogenannte Zebra-Kreise, in denen es zwei Grundsicherungsträger gibt. Das sind neben Anhalt-Bitterfeld auch der Salzlandkreis, der Harzkreis und der Saalekreis.

Vor dem Kreis Anhalt-Bitterfeld stehen laut Jacobshagen jetzt folgende Aufgaben: Bis zur Sommerpause soll ein Kreistagsbeschluss eingebracht werden, der die Erweiterung des Optionsmodells auf den gesamten Kreis vorsieht. Bis zum 1. September 2010 muss der Kreis dann beim Land Sachsen-Anhalt die Erweiterung beantragen. Da ABI nicht zu den Neuantragstellern gehört, sei dafür keine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Die endgültige Entscheidung erlässt das zuständige Bundesministerium.

Für die rechtliche Ausgestaltung der kommunalen Einrichtung zur Betreuung Langzeitarbeitsloser gibt es zwei Möglichkeiten, den Eigenbetrieb und die Anstalt öffentlichen Rechts, beides wären Töchter der Landkreisverwaltung, allerdings mit unterschiedlicher Bindung an den Kreistag, erklärte Jacobshagen. Der Landrat wäre der unmittelbare Dienstherr.

Zur Übernahme der Mitarbeiter aus der jetzigen Arge sagte Jacobshagen, dass für die ersten drei Monate alle Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit zu 100 Prozent übernommen werden sollen. Der Kreis habe aber das Recht, zehn Prozent der Bundesagentur-Mitarbeiter "zurückzuweisen". Das bedeute Sicherheit für den künftigen Planungsprozess, sagte der Leiter der Koordinierungsstelle. Der Kreis habe zwar die Möglichkeit, bestimmte Funktionen mit seinem Personal zu besetzen. Jacobshagen unterstrich aber, dass die jetzigen Mitarbeiter der Arge über das nötige Know how verfügen. "Wir können nicht auf 200 ausgebildete Fachkräfte verzichten und neue ausbilden", sagte Jacobshagen auf einen Einwand aus dem Ausschuss hin, dass der Kreis ohnehin Personal abbauen müsse.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Vereinheitlichung der Datenerfassung, die bei der Arge und der KommBa mit unterschiedlicher EDV erfolgt. Ziel sei es, mit der Neuorganisation im Januar 2011 auch die Zahlungen an die Kunden pünktlich zu gewährleisten. Zu den "Nebenschauplätzen" gehöre daher für die Verwaltung die Frage des Umzugs. Bisher gibt es drei Standorte im Kreis mit verschiedenen Gebäuden. So gibt es in Bitterfeld-Wolfen beispielsweise zwei Adressen. Das soll sich künftig ändern. Allerdings sollen im Kreis drei Standorte in Bitterfeld-Wolfen, Köthen und Zerbst bestehen bleiben.

Betreut wurde der Prozess der Vereinheitlichung bisher durch eine Arbeitsgruppe, in der alle Fachämter wie Finanzen, Personalabteilung, Bauamt, Rechtsamt und andere zusammen arbeiten. Auch die Geschäftsführung der Arge wurde in den Prozess einbezogen.

Insgesamt rechnet sich der Kreis gute Chancen aus, die Zulassung für die Gesamtoption zu bekommen. "Wir sind keine Neuantragsteller, sondern haben das schon fünf Jahre lang gemacht", so Jacobshagen.

Die Meinungen im Ausschuss waren gemischt. Während sich Uwe Schmitz (SPD) dagegen aussprach, all diese Schritte zu gehen, bevor das Bundesgesetz dazu da ist, verspricht sich Dietrich Landmann, Leiter der Diakonie im Kirchenkreis Zerbst, von dem neuen Modell, dass Hemmnisse durch die Bundesagentur damit abgebaut werden können. Er hält die KommBa-Bescheide auch für transparenter als die der Arge. "Es wird nicht einfach werden", sagte hingegen Bärbel Wohmann, Leiterin der Arge Anhalt-Bitterfeld.