1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. "Das passiert mir nicht noch mal"

Oberbürgermeister tritt vor die Rothenseer und rechtfertigt Flut-Entscheidungen "Das passiert mir nicht noch mal"

Von Stefan Harter 26.07.2013, 03:13

Magdeburg | Oberbürgermeister Lutz Trümper wagte sich am Mittwoch sechs Wochen nach der Überflutung in den Magdeburger Stadtteil Rothensee und erklärte gut 300 Anwohnern seine damaligen Entscheidungen. Noch mal werde ihm das nicht passieren, versicherte er.

"Man hat mir geraten, nicht herzukommen", erklärte der Oberbürgermeister nach der Bürgerversammlung im kleinen Kreis. Zu groß sei der Ärger der Anwohner über die Entscheidungen der Verantwortlichen während der Flut, hieß es. Dass er und Krisenstabsleiter Holger Platz sich trotzdem am Mittwochabend den Rothenseern stellten, rechneten diese ihnen auch hoch an. Eine hitzige Debatte erwartete sie dennoch.

Ins Schwitzen geriet der OB nicht nur wegen der Hitze in der mit über 300 Rothenseern voll besetzten Turnhalle. Doch wer sich neue Erkenntnisse erhofft hatte, verließ die Veranstaltung enttäuscht. Trümper schilderte zunächst die Ereignisse vor und während des 7. Juni aus seiner Sicht.

Demnach habe man das "ominöse" Hafenbecken II seit Dienstag im Blick gehabt. "Auch uns war klar, dass kein Wasser auf dem August-Bebel-Damm stehen darf", erklärte er. Da die Prognose zu diesem Zeitpunkt aber "nur" 7,20 Meter vorhersagte, wurde dort nichts gemacht. Bis Freitag habe man alle Anstrengungen in der Stadt auf diesen Höchststand ausgerichtet. Als dann die neuen Prognosen mit 7,30, 7,40 Meter kamen, war schlicht keine Zeit mehr. Dass man Rothensee aufgegeben habe, sei deshalb "Unfug", so Trümper.

Zusätzlich seien in der Ortslage aber auch Entscheidungen getroffen worden, die er nicht nachvollziehen könne. Dazu gehöre zum Beispiel auch, dass auf der West- statt der logischeren Ostseite des Bebel-Damms Sandsäcke gestapelt wurden. "Wir wissen ja gar nicht, wer das gemacht hat", gab er zu.

Als es ein Konzept zur Sicherung Rothensees gab, war es für die Umsetzung zu spät. Eine Art "U" sollte um die beiden Hafenbecken verbaut werden. "Mit dem Wissen von heute würde das Wasser hier selbst bei 7,50 Meter nicht drüberlaufen. Das passiert mir nicht noch mal", versicherte er.

Damit es aber gar nicht erst dazu kommt, müsse verhindert werden, dass die Elbe in den Hafen gelangt. Seiner Ansicht nach wäre eine Spundwand am Trennungsdamm die beste Lösung. Ob das umgesetzt werden kann, müssen erst die Experten prüfen. Dazu werde es in den nächsten Wochen Entscheidungen geben. Eines muss aber allen Rothenseern klar sein, so Trümper: "Dass hochwasserbedingtes Grundwasser unter dem August-Bebel-Damm durchdringt, kann man nicht verhindern."

In der anschließenden Fragerunde nutzten zahlreiche Anwohner die Gelegenheit, ihren Frust loszuwerden. Matthias Strang versteht nicht, warum das Angebot von Firmen, die beim Absichern helfen wollten, nicht angenommen wurde. Auch das blinde Vertrauen des Krisenstabs in die Vorhersagen blieb vielen ein Rätsel. Warum plante man nicht einen "Sicherheitspuffer" von zehn, zwanzig Zentimeter? Trümper beharrte darauf, dass "man das einfach nicht macht".

Werner Misch als Vertreter der Anwohner aus der Hohenwarther Straße, die am schlimmsten vom Hochwasser betroffen sind, hoffte, dass künftige Generationen sagen werden: "Toll, wie sie aus ihren Fehlern gelernt haben." "Glauben Sie mir, unsere Liste ist schon unendlich lang", antwortete der OB.

Das "ganz Kuriose" für ihn und auch für viele Rothenseer war die plötzliche Korrektur in den Prognosen. Waren am Montag noch 7,43 Meter avisiert, sank die Vorhersage am Dienstag um über 20 Zentimeter. "Ich kann das nicht erklären und ich habe noch keinen gefunden, der es kann", stellte das Stadtoberhaupt am Ende fest.

Antworten auf weitere Fragen in der Volksstimme-Ausgabe am Sonnabend.