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Der Magdeburger Indianer-Verein "7 Ratsfeuer" feiert 50-jähriges Bestehen In Westerhüsen raucht die Friedenspfeife

Von Karolin Aertel 25.09.2013, 03:13

Lutz-Peter Lehrmann ist "Häuptling" der Magdeburger Indianer. Vor 50 Jahren gründete er mit sieben weiteren Stammesmitgliedern einen Indianerverein, der nach der Wende auf "7 Ratsfeuer" getauft wurde. Zu ihrem Jubiläum möchten die Hobby-Indianer eine Ausstellung machen, es fehlt jedoch ein Raum.

Westerhüsen l Lutz-Peter Lehrmann reitet keine wilden Mustangs. Er wohnt in keinem Tipi, sondern in einem Einfamilienhaus in Westerhüsen. Er raucht weder Friedenspfeife, noch geht er mit Pfeil und Bogen auf die Jagd. Trotzdem ist der 66-jährige Magdeburger ein Indianer. Zugegeben, er ist keine echte "Rothaut", doch gewiss steht er den nordamerikanischen Ureinwohnern in nichts nach. Denn im Gegensatz zu denn wenigen verbliebenen Stammesvölkern beherrscht er deren Kunsthandwerk.

Unter Freunden ist Lutz-Peter Lehrmann nur unter dem Namen "Smoky" bekannt. Er ist der Chief der "7 Ratsfeuer", ein Indianerverein, der sich mit der Geschichte und Handwerkskunst der Blackfoot-Indianer (Schwarzfuß-Indianer) beschäftigt. Und das bereits seit 50 Jahren.

Politische Motive, die Blackfoot-Indianer zu wählen

Zu seinem ungewöhnlichen Hobby ist Lutz-Peter Lehrmann, wie er selbst sagt, "wie die Jungfrau zum Kinde gekommen". Als Schüler habe er sich 1963 ein Hobby suchen müssen. Zur Wahl standen Fechten oder die Gründung eines Indianervereins. Mit Indianern habe er bis dato "eigentlich nichts am Hut gehabt", aber es schien ihm interessanter als zu fechten. Und die Karl-May-Romane kannte er zumindest, auch wenn er sich derzeit nicht für sie interessiert hatte. So wurde er kurzerhand zum Gründungsmitglied der "Kulturgruppe zur Pflege des Brauchtums der Prärieindianer Magdeburg".

Dass sich der Verein in erster Linie mit den Blackfoot-Indianern beschäftigte, sei damals politisch motiviert gewesen: "Da in den 50er, 60er Jahren die USA gewissermaßen als Feinde galten und wir mit den bekannten Dakota-Stämmen im Norden der USA keinen Trägerbetrieb gefunden hätten, suchten wir einen Stamm, der eben nicht in den Staaten beheimatet war." Und so seien sie durch einen Hinweis von Dr. Lothar Dräger aus dem Leipziger Völkerkundemuseum auf die Blackfoot gestoßen, ein Prärie-Stamm im Süden Kanadas.

Seither beschäftigt Lutz-Peter Lehrmann alias Smoky sich mit der Geschichte, dem Brauchtum und dem Handwerk dieses Volkes. Der Verein teilte sich nach der Wende in die "Siksika" Pechau und die "7 Ratsfeuer", dem Lehrmann bis heute als Chief vorsteht. Neben ihm und seiner "Squaw" Brigitte gehören dem Verein fünf weitere Hobby-Indianer an.

Die Aktivitäten des Vereins beschränken sich derzeit auf Besuche in Schulen und Kitas. Vorträge hält Lehrmann keine mehr. Dafür ist er beinah täglich damit beschäftigt, Mokassins, Lederschmuck, Westen und andere indianische Utensilien zu fertigen. Für manche aufwendigen Stickereien mit Tausenden der wenige Millimeter großen Perlen benötigte er sogar Jahre. Besonders stolz ist er auf seine Haube. An ihr ist nicht nur echter Hermelin-Pelz verarbeitet, auch 27 Mauserfedern eines Steinadlers zieren den Kopfschmuck. Für sie müsse er sogar eine amtliche Bescheinigung mitführen, andernfalls mache er sich strafbar, da der Steinadler bekanntermaßen zu den geschützten Vögeln gehört. Ihr Wert übersteigt die 10 000-Dollar-Marke.

Bei aller Liebe zur Detailtreue ist der Tierschutz bei den Hobby-Indianern immer wieder ein Thema, schließlich arbeiten sie mit echten Fellen und mit Hirsch- oder Büffelleder. Da stoßen sie auf großen Indianertreffen schon mal mit Tierschützern zusammen. Dennoch soll die indianische Handwerkskunst so originalgetreu wie möglich gefertigt werden.

Indianer sind nicht mehr das, was sie einmal waren

Sieben Mal sei er schon in Amerika gewesen; allerdings erst einmal bei den Blackfoot. Mit dem, was der Magdeburger Verein zu bewahren versucht, hat das allerdings nicht mehr viel zu tun. Tourismus und Kapitalismus haben längst Einzug gehalten. Umso wichtiger erscheint ihm und seinen "Stammesmitgliedern", das Handwerk und die Tradition der Indianer zu konservieren.

Gern möchte er die Schätze, die die Vereinsmitglieder in den vergangenen 50 Jahren gefertigt haben, der Öffentlichkeit zugänglich machen. Gemeinsam mit den Pechauer Indianern streben sie eine Ausstellung an. Allerdings fehlen dazu Räumlichkeiten. Wer helfen will, kann sich telefonisch an Lutz-Peter Lehrmann wenden. Dies ist unter der Rufnummer (03 91) 4 01 23 24 möglich.