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Kultusminister Dorgerloh spricht mit Schülern des Magdeburger Einstein-Gymnasiums über DDR-Zeit "Vom Verbot der DDR-Symbole halte ich nichts"

Gemeinsam mit Schülern der 12. Klasse des Magdeburger
Einstein-Gymnasiums hat Sachsen-Anhalts Kultusminister Stephan Dorgerloh
(SPD) am Donnerstag über "Schule in der DDR" gesprochen. Vom Vorschlag
des Leiters der Opfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, DDR-Symbole
zu verbieten, hält er nichts.

10.01.2014, 02:19

Magdeburg. Sachsen-Anhalts Kultusminister Stephan Dorgerloh spricht mit ruhiger Stimme, erzählt von seinen Erfahrungen in der DDR-Zeit. Die Schüler der 12. Klasse des Magdeburger Einstein-Gymnasiums hören gespannt zu. Nur einmal wirkt Dorgerloh etwas aufgewühlt. Auf die Frage, was er von dem Vorschlag des Leiters der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, halte, DDR-Symbole zu verbieten, schüttelt er den Kopf.

"Ich glaube, dass Herr Knabe mal wieder über das Ziel hinausgeschossen ist. Ich halte davon absolut gar nichts", so Dorgerloh. Knabe hatte kurz nach dem Jahreswechsel bundesweit für Schlagzeilen gesorgt, als er erneut ein Verbot von DDR-Symbolen forderte. Er beklagte, dass die Öffentlichkeit bei der DDR das Gespür dafür verloren habe, wie man mit einer verloren gegangenen Diktatur umzugehen habe. Seiner Ansicht nach gehöre auch das Zeigen der DDR-Fahne verboten.

"Dann wäre das, was wir jetzt machen, strafbar", sagt Bürgerrechtler Lothar Tautz. Gemeinsam mit der Autorin und seiner Partnerin Annette Hildebrandt steht er vor den Schülern. Beide halten eine große DDR-Fahne in den Händen. "Viele kennen die DDR ja sicher nur noch aus den Geschichtsbüchern", sagt er.

An mehreren Projekttagen haben sich die Schüler der 12. Klasse des Einstein-Gymnasiums mit dem Thema "Schule in der DDR" beschäftigt. So schauten die Abiturienten unter anderem die WDR-Produktion "Stasi auf dem Schulhof - Mielkes Kinderspione", diskutierten in Arbeitsgruppen mit Zeitzeugen. Und in der letzten Projekt-Stunde dann das Gespräch mit Dorgerloh, dem Minister mit DDR-Biografie.

"Ich hatte eine fantastische Jugend, aber Probleme mit der DDR", sagt Dorgerloh. Der Berliner ist Jahrgang 1966 und wurde 1972 eingeschult. Er kommt aus einem christlichen Elternhaus. Nach der Ausbildung zum Baufacharbeiter mit Abitur und Dienst als Bausoldat in der Nationalen Volksarmee studierte Dorgerloh Theologie an der Universität Rostock und an der Humboldt-Universität Berlin. "Ich war nicht bei den Pionieren und habe auch nicht an der Jugendweihe teilgenommen", berichtet der Minister. Obwohl er sehr gute Noten hatte, standen Abitur und Studium auf der Kippe. "Die beiden Plätze waren in unserer Klasse für einen Offiziersanwärter und eine Klassenkameradin mit Eltern bei der Staatssicherheit reserviert", erinnert sich Dorgerloh. Für einen höheren Bildungsweg brauchte es nicht nur gute Noten, sondern auch "gesellschaftliches Engagement". "Ich wurde dann von meiner sehr netten Klassenlehrerin zum Beauftragten für die Messe der Meister von Morgen gemacht und war verantwortlich für das Milchgeld", sagt Dorgerloh und lacht. Für jemanden wie ihn, christlich geprägt und in keiner der staatlichen Institutionen organisiert, der Nachweis für eben jenes gesellschaftliche Engagement. "Die DDR ist Teil meines Lebens. Und ihr müsst über die DDR auch mit euren Eltern sprechen", sagt Dorgerloh den Abiturienten.

Was passiert, wenn das nicht geschieht, zeigt ein Film, den Lothar Tautz vorführt. Ein MDR-Fernsehteam hatte willkürlich Schüler befragt, was ihnen zum Thema DDR einfällt und die Antworten in einer Collage zusammengeschnitten. "Hitler und National- sozialismus", gehörten zu den häufigsten Antworten. "Kein Einzelfall. Wir haben diese Unkenntnis auch schon beobachtet", sagt Annette Hildebrandt.

Dass das bei den Schülern der 12. Klasse des Magdeburger Einstein-Gymnasiums nicht der Fall ist, zeigen die vielen schlauen Wortmeldungen, Redebeiträge und Nachfragen. So waren die Abiturienten unter anderem angehalten, DDR-Fundstücke aus der eigenen Familie mitzubringen. Vom Lehrbuch bis zum alten FDJ-Ausweis war vieles dabei. So zeigte etwa Schülerin Laura ein altes Biologie-Buch ihrer Mutter. Die Seiten sind mit handschriftlichen Kommentaren versehen "Was teilweise in den Lehrbüchern steht, konnte man ja nicht unkommentiert lassen", sagt die Schülerin.