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Wissenschaftler warnen vor gefährlichen Feuer-Stoffen Wie giftig ist das Gerstengrund-Brandhaus?

Im Gerstengrund-Brandhaus sind fast alle Wohnungen vermietet.
Wissenschaftler warnen vor den gesundheitlichen Folgen für die Bewohner.
Der Verwalter will nun eine externe Reinigungsfirma engagieren.

24.01.2014, 02:16

Magdeburg l Sieben Brände in mehr als einem Jahr haben deutliche Spuren in dem Mehrfamilienhaus im Westen Magdeburgs hinterlassen. Verrußtes Treppenhaus, beißender Brandgeruch und eine dicke Staubschicht. Zuletzt hat der Feuerteufel am vergangenen Mittwochmorgen zugeschlagen und einen Schuhschrank im obersten Stockwerk angezündet. Doch deutliche Brandspuren sind in dem Haus schon viel länger zu sehen. Im Dezember des vergangenen Jahres loderte etwa ein Zeitungswagen im Kellergeschoss. Die Überreste wurden bis heute nicht beseitigt.

"Bei einem Brand werden viele giftige Stoffe freigesetzt", warnt Dr. Sabine Richter, Chemikerin am Institut für Brand- und Katastrophenschutz Heyrothsberge, auf Nachfrage der Volksstimme. So gelangen bei jedem Feuer Substanzen in die Umwelt. Dazu zählen etwa Benzol, Kohlenmonoxid oder Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Während Kohlenmonoxid den Sauerstoff-Transport im Blut behindert, entfalten Benzol und PAK erst nach langer Zeit ihre Wirkung. In erhöhter Konzentration können diese Stoffe etwa krebserregend sein. "Ob Grenzwerte drastisch überschritten werden, können aber nur Messungen ergeben", sagt Chemikerin Richter. Jetzt müssten beispielsweise die Wände abgespritzt und das Haus gründlich gelüftet werden.

Unterdessen hat der Vermieter, die Neutecta Grundinvest Aktiengesellschaft aus Leipzig, gegenüber der Volksstimme "einen konkreten Maßnahmenkatalog" für das Gerstengrund-Brandhaus angekündigt. Was wann und wie getan werden soll, konnte die zuständige Mitarbeiterin noch nicht sagen. Die Mieter des Hauses haben am gestrigen Donnerstag jedoch Post von Neutecta bekommen. In dem Schreiben wird angekündigt, dass ein externes Unternehmen das Haus ab Februar reinigen wird, die Kosten aber auf die Bewohner umgelegt werden sollen.

Kritik kommt vom Mieterverein Magdeburg. Deren Geschäftsführerin Sigrid Kubica sagte der Volksstimme, "dass sie unter keinen Umständen in so ein Haus ziehen würde". Einen Fall wie diesen habe sie bisher noch nicht erlebt. "Sind die Zustände unhaltbar, haben die Bewohner ein Mietminderungsrecht", sagt sie. Kubica wies bei allem Ärger aber auch darauf hin, dass der Vermieter nichts dafür könne, dass ein Brandstifter in dem Haus sein Unwesen treibt. Die Ermittlungsarbeit sei ausschließlich Sache der Kripo.

Polizeisprecher Andreas von Koß bestätigt der Volksstimme, dass bei der Kripo viele Hinweise eingegangen seien, es einen konkreten Tatverdacht aber noch nicht gebe. "Der müsste aber existieren, um einen Richter davon zu überzeugen, eine Wohnungsdurchsuchung anzuordnen", sagt er. Es waren Vermutungen laut geworden, dass der Täter im Wohnumfeld des Hauses zu suchen sei.

Ihren Anfang nahm die Brandserie 2012. Es folgten drei Pkw-Brände vor dem Haus. Im Dezember brannte ein Zeitungswagen im Keller, im Januar zwei Türen und vergangenen Mittwoch der Schuhschrank.