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Streit um Bürgerbegehren Ein OB-Abwahlantrag und seine lange Geschichte

Von Rainer Schweingel 10.04.2014, 03:21

Magdeburg l Mit einer ungewöhnlichen Drucksache muss sich der Magdeburger Stadtrat auf seiner nächsten Sitzung am 24. April beschäftigen. Es geht um die Abwahl von Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) mit Hilfe eines Bürgerbegehrens. Was sich nach einem politischen Paukenschlag anhört, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein kompliziertes Konstrukt aus persönlichen Befindlichkeiten und rechtlichen Fragen. Wie kam es dazu?

Ihren Anfang nimmt die Geschichte 2009. Ein Magdeburger (Name der Redaktion bekannt, für die Redaktion aber nicht erreichbar) fordert damals in mehreren Schreiben u.a. an den Stadtrat, den Petitionsausschuss und das Landesverwaltungsamt die Überprüfung von OB Lutz Trümper auf Stasi-Kontakte. Ein Motiv des Mannes ist nach Volksstimme-Informationen die Verweigerung der eigenen Rehabilitierung wegen DDR-Unrechts und die damit in Zusammenhang stehende Langzeitarbeitslosigkeit.

Als die Stadratsvorsitzende als Dienstvorgesetzte des OB antwortet, dass die Stasi-Überprüfung des OB längst geschehen sei und keinerlei Hinweise vorlägen, gibt der Mann nicht auf. Der Beschwerdeführer sammelt im Herbst 2012 unter dem Namen der Bürgerinitiative "Weg mit OB Trümper" 129 Unterschriften für ein Bürgerbegehren mit dem Ziel eines "Misstrauensvotums" gegen Trümper. Wieder antwortet die Ratsvorsitzende: kein Handlungsbedarf.

Der Beschwerdeführer legt erneut nach und zieht vors Verwaltungsgericht. Mit Erfolg. Die Richter erteilen dem Stadtrat einen rechtlichen Hinweis. Inhalt: Über jeden Antrag auf Bürgerbegehren müsse ein "rechtsmittelfähiger Bescheid" erlassen werden. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Antrag selbst augenscheinlich rechtlich unzulässig ist. Die Folge: Der Antrag auf ein Bürgerbegehren absolviert nun die reguläre politische Beratungsfolge wie jeder andere Antrag an den Stadtrat auch. Nach der Beigeordnetenrunde werden sich der Ausschuss für Rechtsangelegenheiten am 17. April und der Stadtrat am 24. April mit dem Bürgerantrag beschäftigen.

Seitens der Verwaltung wird dem Antrag keinerlei Aussicht auf Erfolg bescheinigt. In der Stellungnahme schreibt sie, dass die Grundbedingungen für ein Bürgerbegehren nicht erfüllt worden seien. Unter anderem fehlten eine mit "Ja" oder "Nein" zu beantwortende Fragestellung sowie Unterschriften von mindestens 10000 wahlberechtigten Magdeburgern. Die Unterschriftenliste trägt nur 129 Unterzeichner: Davon hat der Antragsteller fünfmal unterschrieben. OB Lutz Trümper: "Für mich hat der Antrag keine Aussicht auf Erfolg." Auch sein ehemaliger Mitbewerber ums OB-Amt und heutiger CDU-Fraktionschef Wigbert Schwenke sagt: "Auch wenn ich bisweilen anderer Meinung als der OB bin, sehe ich keinen Grund für eine Abwahl. Er hat keine Pflichtverletzung begangen."

Auch wenn der Abwahlantrag keinen Erfolg haben dürfte, so kann er zu Konsequenzen führen. Berufen sich auch andere Bürger auf den rechtlichen Hinweis des Gerichtes, könnte auf den Stadtrat eine Flut von "Spaß-Anträgen" zuschwappen. Wenn jeder noch so aussichtslose Antrag auf ein Bürgerbegehren von der Stadt oder dem Stadtrat zwanghaft "beschieden" werden muss, könnte es nicht mehr weit sein, bis die ersten Bürger "besseres Wetter" oder "Freibier" per Bürgerbegehren fordern und sich der Stadtrat jedes Mal damit beschäftigen muss - ob er will oder nicht.