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Nachhilfe für Fernost Japanische Erzieher gucken sich in Magdeburger Kitas was ab

Eine japanische Delegation besucht die Kita "Pinocchio" in Stadtfeld. Lob für Freiflächen und finanzielle Ausstattung.

Von Stefan Harter 05.09.2014, 03:13

Magdeburg l "In Deutschland gibt es viel größere Gärten, in denen die Kinder spielen können", übersetzt Taeko Takasugi die Antwort von Professor Shigeki Nishimura auf die Frage nach den Unterschieden zwischen deutschen Kitas und jenen in seinem Heimatland. Aus dem fernen Japan sind er und seine Reisegruppe aus Erziehern noch bis heute auf Besuch in Magdeburg. Hier haben sie sich seit Anfang der Woche über die Kinderbetreuung im Land informiert.

Die wurde im Internet als vorbildlich beschrieben, erzählt die Übersetzerin und dürfte damit im Sozialministerium für Freude sorgen. Als sie den Auftrag des "Zentrums für die Förderung sozialer Wohlfahrt" in Tokio erhielt, eine Studienreise zu organisieren, recherchierte sie im Netz und stieß auf Sachsen-Anhalt, in dem die Betreuung "sehr fortgeschritten" sein soll, erzählt sie. Insgesamt vier Kitas in der Landeshauptstadt wurden daraufhin als Besuchsziele ausgesucht. Zuerst waren sie in der Kita "Am Salbker See", gestern standen dann "Bummi" und "Neustädter See" in Nord sowie "Pinocchio" in Stadtfeld auf dem Programm.

Während die Kinder dort Mittagsschlaf hielten, tauschten sich die Frauen und Männer mit Einrichtungsleiterin Barbara Müller aus. Hüben wie drüben auffällig die Verteilung der Geschlechter: von elf Erziehern sind zehn weiblich. Neben den großen Freiflächen, die den Kindern im dicht besiedelten Inselstaat nicht zur Verfügung stehen, ist es vor allem auch die finanzielle Ausstattung, die Prof. Nishimura beeindruckt. "So viel Geld wie hier gibt Japan nicht für die Kinderbetreuung aus", erklärt er. Haupt-unterschied sei zudem, dass es in Deutschland sechzehn verschiedene Systeme gibt, in Japan aber ein einheitliches.

In Japan wird zwischen zwei Einrichtungsformen unterschieden, die unterschiedlichen Ministerien unterstehen. Die eigentlichen Kindergärten sind für Kinder ab drei Jahren und werden als Teil des Bildungssystems betrachtet, weshalb sie dem Kultusministerium unterstehen. Andere Betreuungseinrichtungen nehmen auch jüngere Kinder auf und werden vom Gesundheitsministerium beaufsichtigt.

Die Betreuungsquote liegt bei unter Dreijährigen bei weniger als 30 Prozent. Die Quote bei den über Dreijährigen übersteigt sogar die von Sachsen-Anhalt (derzeit 96 Prozent). 98 Prozent der japanischen Kinder zwischen drei und sechs Jahren werden laut Nishimura in einem Kindergarten betreut.

Auch in Japan hat es dabei in den letzten Jahrzehnten einen Wandel gegeben. "Die Frauen verließen den Herd und wollten arbeiten gehen", übersetzt Fräulein Takasugi, wie sie sich selbst bezeichnet. Das führte zu einem Problem, das gerade auch in Magdeburg seit einigen Jahren nur allzu bekannt ist: Auch in Japan gibt es zu wenig Betreuungsplätze.