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Kunstfestival ab Mai Im Magdeburger Knast zieht Sinnlichkeit ein

Von Martin Rieß 29.11.2014, 09:44

Magdeburg l Die Sinnlichkeit kommt in den Knast. Zwar laufen noch die Gespräche mit der Landesverwaltung zu den Einzelheiten - doch die Ausschreibung für Künstler des Kunstfestivals laufen bereits. Urheber ist der Verein Kulturanker - in der Stadt wohlbekannt dank solcher Projekte wie Salomon, Romantik 2.0, Mystique oder Olo Bianco.

Karsten Steinmetz ist einer der beiden Vereinsvorsitzenden und sagt: "Wir wollen für 100 Tage neue Ideen in die alte Justizvollzugsanstalt bringen." Und zwar mit dem durchaus konträren Titel "Die neue Sinnlichkeit in der zeitgenössischen Kunst", der auf den ersten Blick nicht so recht zur Umgebung passen möchte. Auf 20 000 Quadratmetern können die Künstler dazu ihre Ideen entwickeln. Vielen von ihnen steht dafür ein sehr genau eingegrenzter Raum zur Verfügung: Die Zellen sind 1,70 bis 2,10 Meter breit und 3,60 Meter tief. Daneben stehen aber auch Freiflächen und Flure, teils über mehrere Etagen, zur Verfügung.

Karsten Steinmetz schwärmt: "Es geht darum, einsame und verlassene Gebäude in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Und darum, die weiten, leeren, seelenlosen Räume mit Emotionen, Farben und Leben zu erfüllen. Neben der darstellenden Kunst sollen Literatur, Film, Musik, Lichtkunst und Performance Raum finden. Und Workshops mit Partnern wie dem Jugendamt, dem Schulamt und Schulen sollen ein breites Publikum einbinden. Neben den Künstlern, für die die Ausschreibung läuft (siehe Infokasten) werden institutionelle Partner wie das Kunstmuseum Magdeburg, die Galerien Artplosiv aus Freiburg, Potemka aus Leipzig, das Westwerk aus Hamburg, Goddot Village aus Taiwan und die Burg Giebichenstein die Veranstaltung mitgestalten.

Karsten Steinmetz: "Mit ihren Höfen und Gängen bietet die JVA ausgezeichnete Räume." Nicht einbezogen werden in die Ausstellung die Werkstätten. "Das wäre dann einfach zu groß", sagt er.

Neben dem künstlerischen Aspekt geht es auch um Nachhaltigkeit. Alexander Bieß, ebenfalls Vorsitzender des Kulturanker-Vereins, sagt: "Dafür wird ein eigenes Gebäude genutzt." Ein thematisches Wochenende soll organisiert werden - und über die gesamte Ausstellungsdauer können sich Initiativen wie Foodsharing, Projekte der Universität oder die Aktivitäten Magdeburgs als Klima-Modellstadt präsentieren.

Neben den Arbeiten der bildenden Künstler - die im Gegensatz zum kleineren Olo-Bianco-Festival in diesem Jahr - im Gefängnis wieder mehr in den Vordergrund rücken - wird es rund 75 Veranstaltungen geben. Laut Finanzministerium liegen derzeit keine Akten über Kaufinteressenten vor. Das mehr als 100 Jahre und im vergangenen Jahr als Justizvollzugsanstalt aufgegebene Gemäuer immer wieder ins Bewusstsein der Menschen zu holen, dürfte daher durchaus im Interesse der Landesverwaltung liegen. Hier haben bereits Dreharbeiten und ein Fotoshooting stattgefunden.

Beginn des Festivals ist der 6. Juni.