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Staatsschutz ermittelt Rechte Hetze gegen Flüchtlingsheim

Am Montagmorgen haben Rechte eine Hetzschrift mit Vorverurteilungen
gegen die Flüchtlingsunterkunft Lorenzweg an der Grundschule
Kritzmannstraße verteilt. Inzwischen hat die Stadt angekündigt, zwischen
Heim und Schule einen Zaun zu bauen.

13.01.2015, 02:12

Magdeburg l Rechte haben mehrere Flugblätter auf dem Gelände der Grundschule Kritzmannstraße verteilt. Das Schreiben unter dem Titel "Nachbarschaftsstreit mit den neuen Nachbarn?" ist eine Hetzschrift gegen das neue Flüchtlingsheim am Lorenzweg voller Vorverurteilungen und Anschuldigungen gegen die Bewohner. Unterzeichnet ist es von "Die Rechte Magdeburg/ Jerichower Land". Entdeckt und entfernt wurden die Schreiben Montagmorgen vom Hausmeister. Laut Polizei hat der Staatsschutz sich inzwischen eingeschaltet.

Grundlage für die Aktion sind vermutlich Gerüchte, die eine Mutter aus dem Schulelternrat gestreut hat. Am Mittwoch in der vergangenen Woche forderte sie auf der öffentlich zugänglichen Facebook-Seite des Oberbürgermeisters, zwischen Grundschule und dem im Dezember eröffneten Flüchtlingsheim einen Zaun zu bauen. Als Grund werden auch Vorfälle am ersten Schultag des neuen Jahres genannt. Es wird unter anderem behauptet, dass Personen die Kinder fotografiert und sich auf dem Schulgelände herumgetrieben hätten. Nach Volksstimme-Informationen sollen die Vorwürfe sich als haltlos herausgestellt haben. Weder der Polizei, Schuldirektorin noch die Leitung des Flüchtlingsheimes können die Vorfälle bestätigen. Auch Polizeieinsätze - wie ebenfalls behauptet - hat es nicht gegeben. "Die Regionalbereichsbeamten schauen täglich bei Grundschule und Flüchtlingsheim vorbei", sagte eine Polizeisprecherin nur.

Trotzdem will die Stadt nun einen großen Zaun errichten. Am Montag war bereits ein Vermessungsteam vor Ort. Noch in dieser Woche soll Baustart sein. Der Zaun wird dann das Flüchtlingsheim vom Schulgelände abtrennen. Auf Nachfrage der Volksstimme dementiert die Stadt aber, damit auf den Elternprotest zu reagieren. "Der Zaun wird errichtet, weil alle Schulgelände in der Stadt Magdeburg umzäunt und eingefriedet sind", sagte Stadtsprecherin Kerstin Kinszorra auf Nachfrage.

Bisher störte der fehlende Zaun auch niemanden

Die Grundschule Kritzmannstraße ist seit einem Jahr in ihrem Ausweichstandort am Lorenzweg untergebracht, da das eigentliche Schulgebäude gerade saniert wird. Davor war auch schon die Grundschule "Am Westernplan" kurzzeitig am Lorenzweg untergebracht. Auch damals gab es keinen Ruf nach einem Zaun. Mit der Eröffnung der Flüchtlingsunterkunft in dem alten Flachbau habe sich die Situation aber laut Kinszorra geändert.

Wie die Volksstimme von mehreren Personen vor Ort auch noch erfahren hat, sollen die Flüchtlinge sogar angehalten worden sein, das Heim während der Hofpause zwischen 10 und 10.15 Uhr nicht mehr zu verlassen. Angeblich soll der Vorschlag vom Wachpersonal des Heimes selbst gekommen sein, um die Situation zu entspannen. Von dieser Absprache will in der Stadtverwaltung aber niemand etwas wissen. "Eine Vereinbarung zwischen Flüchtlingsheim und Grundschule ist uns nicht bekannt. Laut Sozialdezernat ist eine solche Absprache auch nicht angedacht oder in irgendeiner Weise in Auftrag gegeben worden", so Kinszorra.

Der Volksstimme sagte Schulleiterin Anke Geuder, dass sie den Bau eines Zauns persönlich für unnötig halte. Dass die Flüchtlinge ihre Unterkunft während der Hofpause nicht verlassen sollen, hält sie ebenfalls für problematisch. "Wir kommen gut mit unseren neuen Nachbarn aus", sagt sie. Bereits vor den Weihnachtsferien habe sie ihre Schüler darauf hingewiesen, wer da nebenan in das Haus einzieht und wie man sich den neuen Nachbarn gegenüber verhält, nämlich höflich und respektvoll. "Es besteht kein Grund zur Sorge, wir stehen in Kontakt mit dem Heim. Sollte es Probleme geben, können die Eltern zu mir kommen."

Doch einige Eltern zogen es vor, ihren Protest über Facebook zu organisieren. Für den Mittwoch hat Geuder eine nicht öffentliche Sondersitzung des Schulelternrates einberufen. Der Vorsitzende der Magdeburger Gartenpartei, Roland Zander, dessen Kind auch auf die Grundschule Kritzmannstraße geht, sagte der Volksstimme, dass er die Vorfälle im Stadtrat thematisieren wird. Laut Stadt leben 54 Flüchtlinge - unter anderem aus dem Irak und Syrien - seit Ende Dezember vergangenen Jahres am Lorenzweg.