1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Das Werben um Investoren geht weiter

Wirtschaftsstandort Magdeburg Das Werben um Investoren geht weiter

Die Wirtschaftsförderer Magdeburgs kämpfen seit Jahren um die Ansiedlung
von Unternehmen. Jörg Böttcher, Abteilungsleiter Unternehmerservice und
Standortmarketing im Wirtschaftsdezernat, beantwortete einige Fragen
von Martin Rieß.

Von Martin Rieß 18.01.2015, 17:31

Volksstimme: Wie schätzen Sie das zu Ende gehende Jahr aus Sicht des Wirtschaftsförderers ein?
Jörg Böttcher: Einige interessante Bauprojekte wurden im vergangenen Jahr fertiggestellt. Beispiele sind die neuen Produktionsstandorte von Human und Vakoma oder das Logistikzentrum der Fa. Norma im Industrie- und Logistik Centrum Rothensee. Sehr wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt ist aber auch die Ansiedlung von Unternehmen aus der Kommunikationsbranche und der IT-Wirtschaft, wie beispielsweise die Ansiedlung von Crafting IT im Wissenschaftshafen Magdeburg oder die Ansiedlung von Sitel und DV.com.

Mit Blick auf das ILC nennen Sie im Gegensatz zu vergangenen Jahren Erweiterungen von einheimischen Betrieben und nicht Neuansiedlungen.
Das ist zum größeren Teil tatsächlich so. Im ILC Magdeburg sind in diesem Jahr von drei größeren fertiggestellten Projekten zwei von lokalen Unternehmen umgesetzt worden. Als Wirtschaftsförderung wollen wir die Unternehmen natürlich so zufrieden stellen, dass sie am Standort wachsen. Nach dem Hochwasser 2013 im Norden Magdeburgs ist die Ansprache nicht regionaler Unternehmen zurzeit aber auch etwas schwerer. Selbst wenn es sich im ILC größtenteils um aufgeschüttete Flächen handelt, die gar nicht vom Hochwasser betroffen waren - bei Investoren von auswärts schwingt da bis heute eine gewisse Sorge vor Wasserschäden mit. Es ist wichtig, dass den bisherigen Planungen zum Hochwasserschutz auch deren Umsetzung folgt.

Was erwarten Sie in Sachen Neuansiedlung für die kommenden Jahre?
Nach einigen guten Jahren könnte es passieren, dass wir 2015 weniger verwöhnt werden. Die Lage gerade der Märkte auf dem Gebiet der einstigen Sowjetunion verunsichert ohne Zweifel die Wirtschaft, was wiederum gerade auch in Magdeburg mit traditionell guten Verbindungen in den einstigen Ostblock zu spüren ist. Auf der anderen Seite können wir auch Überraschungen erleben: Oft zieht sich eine Investition vom ersten Kontakt bis zur Betriebseröffnung meist über zwei bis drei Jahre hin - wir haben aber auch schon Ansiedlungen innerhalb von drei Monaten über die Bühne gebracht.

Das ILC ist das eine - aber es gibt auch andere Gewerbegebiete der Stadt mit freien Flächen.
Ja. Zum Beispiel dürfte das Gelände vom Sket Nord im nächsten Jahr in den Fokus der Investoren rücken. Von der Fläche gehört der Kommune aber nur ein kleinerer Teil. Und das ist auch ein Trend für die Zukunft: Als Wirtschaftsförderer werden wir künftig immer weniger selbst am Immobilienmarkt für Gewerbegrundstücke mitspielen, sondern werden vielmehr als Vermittler zwischen Investoren und Eigentümern, als Helfer für die Verwaltungsvorgänge und bei der Suche nach Fördermöglichkeiten auftreten.
Es bleibt abzuwarten, ob der Stadtrat in den kommenden Jahren die Erschließung großer neuer Gewerbegebiete auf kommunalen Flächen beschließt. Letztlich ist das eine Entscheidung der Kommunalpolitik.

Beim Stichwort Förderung dürfte in Zukunft die Gewinnung geeigneter Fachkräfte eine große Rolle spielen.
Das stimmt. An diesem Thema arbeitet die Wirtschaftsförderung aber bereits. Wir setzen an der Quelle an und bemühen uns um eine bessere Berufsorientierung an Magdeburger Schulen, denn aus Schülern mit qualifizierten Abschlüssen und motivierten Auszubildenden werden gute Fachkräfte. Ferner arbeiten wir aktiv bei den Bemühungen des Landes mit, Sachsen-Anhalt und insbesondere die Region Magdeburg für IT-Fachkräfte attraktiver zu machen und schließlich zeigen wir mit unserem Relocation-Projekt Wege auf, ausländische Fachkräfte vor allem für das Handwerk für Magdeburg zu gewinnen und in der Stadt willkommen zu heißen.

Stichwort Call- und Servicecenter - da hatte es mit den Schwierigkeiten um Walter Services große Befürchtungen um einen massenhaften Abbau von Stellen gegeben.
Auch das ist richtig. Der Verlust von mehr als 1000 Stellen auf einen Schlag wäre ein herber Schlag gewesen. Dank der Ansiedlung mehrerer Unternehmen dieses Bereichs konnten die Verluste an Arbeitsplätzen aufgefangen werden. An dieser Stelle ist auch eine neue Qualität der Branche zu beobachten. Dies zeigt sich daran, dass Magdeburger Service-Center für namhafte auch international agierende Unternehmen anspruchsvolle Kommunikations- und Serviceleistungen ausführen. Interessant ist auch, dass die Branche sich nicht allein aus sehr großen Unternehmen zusammensetzt, sondern aus einer Vielzahl mittelständisch geprägten Unternehmen. Diese besetzen besondere Nischen im Markt. Die Gehälter reichen zwar noch nicht an die einiger Call-Center-Standorte gerade in den alten Bundesländern heran, auf jeden Fall ist inzwischen in Magdeburg aber ein Aufwärtstrend im Sinne der Arbeitnehmer zu beobachten.