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Erfolgsgeschichte Imagewerbung Otto wird 5 und ist noch lange nicht groß

Im Rathaus der Stadt wird heute Abend der fünfte Geburtstag der
Otto-Kampagne gefeiert. An der Dachmarke für Magdeburg scheiden sich bis
heute die politischen Geister.

Von Christina Bendigs 03.02.2015, 02:21

Magdeburg l Mit Stolz breitet Rainer Nitsche "Die Zeit" vor sich aus. Eine ganze Seite hat die überregionale Wochenzeitung der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt gewidmet - und macht damit positive Werbung für Magdeburg. Die Stadt hat sich herausgemacht. Das ist unbestritten. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat Magdeburg 2012 zur dynamischsten Stadt Deutschlands erklärt, zitiert "Die Zeit". Doch liegen die Gründe dafür auch in der Otto-Kampagne, deren fünfter Geburtstag heute Abend im Rathaus gefeiert wird?

Otto klopft Sprüche

Zumindest eines scheint erreicht: Otto ist im Stadtbild allgegenwärtig. Er treibt Sport, er bleibt fit, er kauft Kunst, er feiert Feste. Kurz: Otto kommt an. Nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in Vereinen, Verbänden und bei privaten Initiativen, die sich mit der Otto-Kampagne identifizieren oder zumindest Spaß daran haben, das Leben zu "ottorisieren". Der "ottomat" der Sparkasse ist nur eines der Beispiele.

Insgesamt gebe es inzwischen an die 200 Otto-Sprüche, schätzt Rainer Nitsche als Beigeordneter der Stadt für Wirtschaft und Tourismus. Ziel erreicht, aus seiner Sicht. Doch die Kampagne sollte nicht nur frischen Wind bringen, sondern setzte auch auf dem damals zunehmenden und wiedererwachenden Bewusstsein der Magdeburger für die historische Bedeutung ihrer Stadt auf - auf Kaiser OttoI. und auf Magdeburgs Bürgermeister und Naturwissenschaftler Otto von Guericke. Zu Beginn jedoch ist die Kritik groß.

Otto hat`s schwer

Ab 2008 wird an einer Dachmarke für Magdeburg gearbeitet. Die Slogans "Magdeburg überrascht" und "Magdeburg - Die Stadt mit Zugkraft" entsprechen nicht mehr dem Zeitgeist. Die Ottostadt-Kampagne befürwortet der Stadtrat nur mit knapper Mehrheit - nach heftiger Diskussion stimmen 28 Stadträte dafür, 23 dagegen und 4 enthalten sich der Stimme.

Der Auftakt der Kampagne wird frostig, nicht nur, weil es während einer Festveranstaltung am 2.Februar 2010 ergiebig schneit, sondern auch im übertragenen Sinn. Otto kriegt Kritik: zu teuer, zu viel Spielraum für Negativ-Assoziationen. Die Stadt mache sich zum Otto, lautet die Kritik aus der Bürgerschaft, die sich in Leserbriefen an die Volksstimme niederschlägt.

150000 Euro erhält die Agentur Scholz Friends Agenda aus Berlin für das Kreieren der Dachmarke. 1,5Millionen Euro werden in den ersten drei Jahren in die Umsetzung investiert. Bis heute stellt die Stadt jährlich ein Budget von etwa 170000 Euro zur Verfügung, mit dem sie in Magdeburg selbst und überregional wirbt. Im September 2010, etwa ein halbes Jahr nach dem Start der Dachmarke, kennt jeder zweite Magdeburger die Kampagne (nicht), ergibt eine Umfrage des Forsa-Meinungsforschungsinstitutes unter 500 Magdeburgern. Zwei Jahre später eine ernüchternde Bilanz: Außenwirkung hat die Kampagne kaum - nur ein Prozent der Bürger bundesweit kennt Magdeburg als "Ottostadt".

Otto fasst Fuß

Erst ab Sommer 2011 habe er von einer erfolgreichen Kampagne sprechen können, sagt Rainer Nitsche: "Den Durchbruch haben wir erzielt, als Vereine die Otto-Kampagne für sich entdeckten." Der Marketingclub Magdeburg wählt die Einführung der Dachmarke schließlich zum "Marketinghighlight 2011".

Der Erfolg sei auch der Magdeburg Marketing Kongress und Tourismus GmbH (MMKT/verantwortlich für die Außenwerbung) sowie der Initiative Pro Magdeburg (verantwortlich für Werbung vor Ort) zu verdanken, die ihr komplettes Material ottorisierten. In Magdeburg, da ist Nitsche sicher, hat sich die Dachmarke etabliert. In der Zukunft soll Otto seine Außenwirkung stärker entfalten. "Vielleicht haben wir in diesem Bereich zu wenig investiert, vielleicht die falschen Strategien genutzt", überlegt Nitsche, warum Otto sich über die Grenzen der Stadt hinweg noch nicht etablieren konnte. Doch es sei auch von Anfang an klar gewesen, dass es keinen großen "Bäng" geben würde, sondern viele kleine Schritte und Methoden mit "Sinn und Verstand sowie Herzblut" die Dachmarke zum Erfolg führen müssten.

Otto schaut voraus

Stand bislang Kaiser Otto I. im Vordergrund, soll in diesem Jahr Otto von Guericke in den Fokus rücken. In diesem Jahr etwa soll der Halbkugelversuch live in Köln oder anderen Großstädten in Nordrhein-Westfalen (NRW) nachgestellt werden. Außerdem sollen Mailing-Aktionen an Menschen Namens Otto und an Bewohner von Magdeburger bzw. Guerickestraßen in NRW gestartet werden.

Die Otto-Kampagne stellt sich zudem in den Dienst der Bewerbung Magdeburgs als Kulturhauptstadt, sagt Nitsche. Deshalb wird Magdeburg in diesem Jahr auch Präsenz bei zwei bis vier ausgesuchten Tourismusmessen im Ausland zeigen. Otto erobert die Welt? Artikel wie der in "Die Zeit" können der Stadt dabei helfen, ist sich Rainer Nitsche sicher. Doch viel Arbeit liegt noch vor den Verantwortlichen, damit Magdeburg sich nicht nur seine Dynamik bewahrt, sondern auch an Niveau gewinnt. Beim Wirtschaftsniveau nämlich erreichte Magdeburg beim Institut der deutschen Wirtschaft im Jahr 2012 lediglich Rang 39 (vor Halle und Leipzig).