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Streit um Domplatznutzung Der Dom ist keine Kulisse

Mit einem Nutzungskonzept will die Stadtverwaltung das Leben auf dem
Domplatz regulieren. Die Domgemeinde meldet Gesprächsbedarf an, die
Verwaltung sieht keinen. Die Gemeinde erhebt dennoch ihre Stimme.

Von Katja Tessnow 28.04.2015, 03:23

Altstadt l Schon vor über einem halben Jahrzehnt versuchten sich Stadtverwaltung, Domgemeinde und Landtag darauf zu einigen, was auf dem Domplatz erwünscht ist, was nicht und wer auf wen Rücksicht zu nehmen hat. Die angestrebte Domplatzsatzung kam niemals zustande. Zwischenzeitlich ist der Platz um ein paar Bäume ärmer, dafür um schickes Pflaster, einiges Mobiliar und die Wasserspiele reicher. Die Nutzung des Platzes sorgt seither für noch ein paar Debatten mehr, weil der schöne Brunnen zur Saison wochenlang von Bühnen überbaut ist.

Domprediger Giselher Quast und Stephen Gerhard Stehli, Vorsitzender des Gemeindekirchenrates, stellen klar, dass sie ganz und gar keinen verwaisten Platz vor dem Dom wollen. Quast: "Der Domplatz soll, kann und muss leben." Er wünsche sich zum Beispiel eine viel bessere gastronomische Erschließung: "In anderen Städten reiht sich um den Domplatz ein Café ans andere." Auch gegen "Einzelveranstaltungen" auf dem Platz habe man, so Quast und Stehli, nichts, auch nicht gegen den "Schlagerolymp" (25. Juli); es sei nicht Sache der Domgemeinde, über musikalischen Geschmack zu streiten.

Dass aber das Theater jedes Jahr elf Wochen lang jeweils von Mai bis August (inklusive Auf- und Abbauarbeiten) den Platz komplett in Beschlag nimmt, damit hat Quast ein Problem: "Wir können den Hauptraum des Domes mit der wunderbaren Orgel nur von Anfang Mai bis Ende September nutzen. Er ist nicht beheizbar. Wir sind also schon sehr eingeschränkt und werden es vom Theater umso mehr." Die einfache Verglasung der Domfester lässt kaum Geräusch draußen. Außerdem kann Quast nicht nachvollziehen, warum dereinst stattliche Bäume für den freien Domblick fallen mussten, "und jetzt sind die Kulissen höher als die Bäume". Da sei, meint Quast, viel Schildbürgertum im Spiel.

Das Theater - die Aufführungen verzeichnen jährlich zehn- bis zwanzigtausend Gäste - ist allerdings im städtischen Nutzungskonzept gesetzt, so viel hat der federführend erstellende Ordnungsbeigeordnete schon verraten. "Wir werden uns nicht auf dem Domplatz anketten, um es zu verhindern, aber wir müssen reden", fordert Stehli eindringlich. Er ist überzeugt, dass sich Kompromisse finden ließen, die zum Beispiel für Orgelkonzerte im Dom neue Räume böten. Stehli: "Ein national und international verkauftes Musical wird seine Karten auch am Montag los." Das eröffne Möglichkeiten für einen spielfreien Freitag.

Aktuell muss Domkantor Barry Jordan mit seiner Reihe Orgelkunst und international renommierten Gästen auf den Montag ausweichen. Und nicht nur das: 2017 wird weltweit das Lutherjahr 500 Jahre Reformation gefeiert. Zu einem Kirchentag auf dem Weg nach Wittenberg werden in Magdeburg Zehntausende Christen erwartet. Auf dem Domplatz dürfen sie nach (kopfschüttelnder) Aussage von Quast und Stehli nicht feiern - weil schon Ende Mai 2017 wieder das Theater dort eine Bühne baut.

"Wir haben den Auftrag, den Dom zu beleben und wir haben einen Verkündigungsauftrag; das ist eine geschützte Sache", argumentiert Stehli und sagt: "Wir fühlen uns damit von der Stadtverwaltung nicht richtig wahrgenommen." Die Stadt nutze den Dom gerne, wenn zum Beispiel der Kaiser-Otto-Preis verliehen oder vor den Türen das Kaiser-Otto-Fest gefeiert wird. Die Domgemeinde verschließt sich dem nicht und ist dafür umso düpierter, dass die Verwaltung sie in Sachen Nutzungskonzept nicht einmal anhören will. Quast: "Wir hören immer wieder, der Dom sei eine schöne Kulisse. Der Dom ist keine Kulisse und wer ihn nur als solche benutzen möchte, soll sich einen aus Pappmaché hinstellen."

Das Nutzungskonzept Domplatz wird voraussichtlich im Juni im Stadtrat diskutiert. Die Domgemeinde kündigt offene Einmischung an.