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Währungsunion Westgeld treibt Magdeburger vor die Tür

Die D-Mark kam vor einem Vierteljahrhundert nach Magdeburg. Eine aufregende Zeit war das, wie die Zeitungsberichte von damals zeigen, aber auch die Erinnerungen der Mitarbeiter von Banken.

Von Martin Rieß 30.06.2015, 23:22

Magdeburg l "Mit der MPi vor der Bank" oder "Der Alptraum des Jahres" - vor 25 Jahren berichtete die Volksstimme über den Wechsel in Magdeburg von der Mark der DDR zur D-Mark. Lange Schlangen bildeten sich dabei nicht erst zum Sonntag, 1. Juli 1990, vor den Banken. Schon vorher hatten die Mitarbeiter in den Sparkassen und den Genossenschaftskassen alle Hände voll zu tun.

Als das neue Geld dann tatsächlich anrückte, waren die Geldtransporte zwar scharf bewacht. Doch verglichen mit heutigen Sicherheitsstandards handelte es sich eher um provisorische Lösungen, mit denen eine logistische Meisterleistung vollbracht werden sollte.

Die Währungsunion hatte nicht allein Folgen für den Geldverkehr. Einher ging damit auch die Übernahme der meisten Gesetzgebungen zum Beispiel im Sozialbereich und mit Blick auf die Wirtschaft.

Wichtig war das Geld den Menschen vor allem, um sich ihre langgehegten Reise- und Konsumwünsche zu erfüllen. Daher auch ein Kraftakt für den Handel, der damals noch wesentlich von der staatlichen HO und der Konsumgenossenschaft geprägt war. In einer Meldung in der Magdeburger Volksstimme hieß es dementsprechend kurz vor der Umstellung: "Wenn am 29. Juni abends bzw. Samstagvormittag die Geschäfte schließen, können die Mitarbeiter des Einzelhandels noch längst nicht nach Hause." Eine Bestandsaufnahme sei zu machen, die Ware mit neuen Preisen auszuzeichnen. "Da das alle Artikel umfasst, sind große Anstrengungen vonnöten. Um das zeitlich überhaupt in den Griff zu bekommen, ist es notwendig, die Verkaufseinrichtungen und Kaufhallen am Sonnabend, dem 30. Juni, schon um 10 Uhr zu schließen", heißt es in dem Volksstimme-Beitrag. Dieser Appell um das Verständnis der Kunden sei verbunden mit der Bitte, den Wochenendeinkauf möglichst frühzeitig zu tätigen.

Unter der oben abgebildeten Schlange vor der Sparkasse in der Raiffeisenstraße auf einem Foto von Roland Schödl notierte des Redakteur: "Der Alptraum des Jahres muss für manche die Vorstellung gewesen sein, bei der DM-Verteilung zu spät zu kommen. Gleich nach der Geisterstunde probten die ganz Misstrauischen ihre Ausdauer vor den Banken." Das Foto war gegen 5 Uhr aufgenommen worden. Als richtig ausgeschlafen, so der Autor der Volksstimme in der Ausgabe nach der Währungsumstellung, hätten sich jene entpuppt, die ausgeschlafen und erst einmal in Ruhe gefrühstückt hätten: Nach 10 Uhr habe es nämlich kaum noch Menschenschlangen vor der Bank gegeben. Die Zeit, bis das Geld ab Montag ausgegeben werden konnte, verbrachten viele Magdeburger mit Schaufensterbummeln wie selten zuvor.