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Kinderbetreuung Magdeburger Kita zwischen Baum und Bauwagen

Von Jennifer Lorbeer 28.07.2015, 21:41

Magdeburg l Auf dem Weg zum Herrenkrugpark blitzt zwischen den Bäumen eine kleine Lichtung auf. Ein paar Holzstufen führen vom Radweg auf einen Trampelpfad und dieser zu einem unberührten Stück Naturschutzgebiet. "Das ist unser Wunschgrundstück und in den kommenden Tagen unterschreiben wir den unbefristeten Nutzungsvertrag", freut sich Gordon Rosemeier, der den Waldkindergarten leiten wird.

Seit eineinhalb Jahren ist Rosemeier für den Verein der Deutsch-Russischen Gesellschaft Inturia e.V., den Träger der geplanten Einrichtung, tätig und war sowohl an der Planung als auch an der Wahl des Grundstücks beteiligt. "Ein großes Problem stellten immer wieder die Vorschriften zu der Nähe zu öffentlichen Verkehrsmitteln und vor allem der Bau einer Feuerwehrzufahrt dar", berichtet Rosemeier. "Deshalb ist das inzwischen unser drittes Grundstück, mit dem wir es versucht haben - und es ist endlich möglich, auch die Zufahrt zu bauen." Diese wird in den kommenden Wochen gebaut.

Kein Stromanschluss und Betreuung auf vier Rädern

Das noch unberührte Stück Natur soll in etwa einem Monat die Herberge für insgesamt 18 kleine Besucher des ersten Magdeburger Waldkindergartens sein. "Das alles hier liegt einem Naturschutzgebiet", erklärt Rosemeier. "Deshalb sieht unser Nutzungsplan auch vor, dass wir beispielsweise nur ökologisch abbaubare Hygieneartikel und eine spezielle Toilette verwenden, eigentlich komplett autark leben."

Auch für den üblichen Strom- und Wasseranschluss mussten die Verantwortlichen eine Alternative finden. "Wir arbeiten mit Wassertanks", erzählt der Vorstandsvorsitzende Boris Pikalow von der Deutsch-Russischen Gesellschaft Inturia. "Strom und Wärme werden durch Solarplatten auf den Dächern erzeugt."

Das 2500 Quadratmeter große Grundstück bringt jedoch nicht nur durch seine Lage in einem Naturschutzgebiet besondere Auflagen mit sich. Das Flurstück ist außerdem hochwassergefährdet. "Durch diese mögliche Gefahr haben wir die Auflage bekommen, eine mobile Kita zu bauen - auf Bauwagen, die im Falle des Falles weggefahren werden können", erzählt Rosemeier, der seit 15 Jahren als Pädagoge tätig ist. "Wir haben insgesamt drei Bauwagen besorgt. Nach unserer Entkernung blieb nur noch das Gestell übrig und nun bauen wir sie selbst, ohne Investitionsmittel, neu auf. Einer ist grundsätzlich für den Transport bereit und die restlichen beiden noch in Arbeit."

Sobald die Wagen auf dem Gelände stehen, werden die Wände noch tapeziert und der Boden verlegt, um Beschädigungen durch den Transport zu vermeiden. Die beiden größeren Wagen werden jeweils etwa 8 mal 2,5 Meter groß sein. Sie sind als Betreuungs- und Ruheräume für die Kinder, im Alter zwischen drei und sechs Jahren, geplant. Das Bad auf vier Rädern bietet rund 11 Quadratmeter Platz. "Mit den Verbindungen zwischen den Wagen kommen wir also auf etwa 70 bis 80 Quadratmeter überdachte Fläche", berichtet der zukünftige Leiter.

Von der Idee bis zum Konzept

Zusätzlich soll außerdem noch ein Sandspielbereich gebaut werden. Alle Bereiche, die entstehen, wie beispielsweise eine Forscherwerkstatt, ein Bauplatz oder auch ein Atelier, sollen den Kindern zur freien Verfügung stehen.

Zwischen der Planung und der aktuellen Umsetzung liegen inzwischen drei Jahre. Im Jahr 2012 ist die Idee eines eigenen Kindergartens in dem deutsch-russischen Verein entstanden. "Seit Dezember 2012 liegt unserem Verein der Beschluss vom Stadtrat vor, dass wir einen Waldkindergarten eröffnen dürfen", erinnert sich Polina Ivanova, die stellvertretende Vorsitzende des deutsch-russischen Vereins.

"Und seit dem haben uns die Stadt und das Jugendamt immer unterstützt", ergänzt Boris. "Sie waren immer freundlich und haben uns nie Steine in den Weg gelegt." Rosemeier war auch überrascht, dass selbst die Bio-Toiletten dem strengen Hygieneplan des Landes Stand gehalten haben. Umso erfreuter sei er gewesen, dass alle Punkte, die sie für die Umsetzung geplant haben, auch möglich sind.

Das Ziel der Einrichtung ist vorrangig, dass sich die Kinder in der Natur aufhalten. "Wir wollen den Umgang mit der Natur positiv fördern", erklärt der zukünftige Leiter, der auch als Erzieher tätig sein wird. "Dieses Alter ist so prägend für das ganze Leben, da ist es wichtig, auch Denkprozesse anzuregen." Das Konzept sieht ebenso das Bildungsprogramm von Sachsen-Anhalt "Bildung elementar" vor, doch soll die Umsetzung vor allem unter freiem Himmel stattfinden.

Dass sie mit ihrer Einrichtung auf dem richtigen Weg sind, sieht Rosemeier täglich in seinem Mailfach. "Ich habe inzwischen schon über 70 Anmeldungen bekommen. Ich führe aber keine Warteliste und da wir nur die normalen Elternbeiträge über die Stadt verlangen, ist eine Anmeldung auch erst nach der erteilten Betriebserlaubnis möglich. Und dann auch nur über das städtische Kita-Portal." So müssen sich die Eltern noch ein wenig gedulden und im Zweifelsfall einfach schnell sein.