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  7. Blühende Gärten hinter der SKET-Fassade

Die Vision vom neuen Gartenschau-Coup in Südost nimmt treffliche und teure Gestalt an Blühende Gärten hinter der SKET-Fassade

Von Katja Tessnow 10.12.2011, 05:22

Am Ende fällte der Stadtrat am Donnerstag ein klares Votum für die Bewerbung um die Landesgartenschau 2018. Zuvor lieferten sich Befürworter und Gegner der Idee fast zwei Stunden lang einen heftigen Schlagabtausch.

Magdeburg l Bei acht Christdemokraten, sieben Linken und dem NPD-Rechtsaußen-Mann im Rat überwog am Ende Skepsis und Ablehnung. Sie stellten die 16 Gegenstimmen zur zweifellos reizvollen Vision vom Erstehen blühender Landschaften auf der prominentesten Industriebrache der Stadt, die den Südosten der Stadt wie ein Keil vom zentrumsnahen und städtebaulich aufstrebenden Buckau abriegelt: Die alte SKET-Brache entlang der Schönebecker Straße soll - inklusive Verbindung zur unweiten Elbe - der "Laga-Park" werden. Eine große Ratsmehrheit aus 30 Abgeordneten der SPD (Ideengeber), der Grünen, der Liberalen und einzelnen Abweichlern aus dem christdemokratischen und dem linken Ratslager ist dagegen energisch überzeugt vom Sinn der zweiten Gartenschauauflage nach der Buga 1999. Die Einwände der Gegner nahmen - von der verständlichen Sorge vor finanziellen Risiken beim 42-Millionen-Euro-Vorhaben - skurrile Züge an.

Eingangs der Debatte hatte es der Baubeigeordnete Dieter Scheidemann (parteilos) nicht ganz leicht, den verwaltungsinternen Sinneswandel von der Skepsis zur glühenden Anhängerschaft für die bereits im Frühsommer von den Sozialdemokraten eingebrachte Gartenschau-Idee zu erklären: "Ja, das Baudezernat hat zunächst reserviert reagiert, aber mit dem jetzigen Konzept haben wir eine wettbewerbsfähige Lösung und sollten uns bewerben. Es ist eine große Chance für den Südosten der Stadt und eine hervorragende Grundlage für seine weitere Entwicklung."

Auf den vom Skeptiker zum Verfechter mutierten Scheidemann folgte einer der entschiedensten Gegner im Rat, der Christdemokrat und Finanzausschusschef Reinhard Stern. Er beschrieb ausführlich die finanziellen Risiken beim Grunderwerb, Ausbau und bei der Nachnutzung des geplanten Schaugeländes und nannte das Ganze "zum Zeitpunkt zu riskant". Für den Umweltausschuss lobte dagegen Oliver Wendenkampf (future!) das Konzept in den höchsten Tönen. Wenn die Finanzierung gesichert sei (was sie noch nicht ist) könne er "nur gratulieren". Die Vorsitzenden von Wirtschafts- und Bauausschuss schlossen sich dem Pro an.

Für die SPD-Fraktion hielt Jens Hitzeroth zum wiederholten Mal eine Art Laudatio auf die eigene Idee. Unter dem Geraune der Gegnerschaft schloss er: "Wer dazu nicht Ja sagt, lässt den Stadtteil hinten runter fallen."

Wigbert Schwenke (CDU) räumte eine Spaltung seiner Fraktion in der Angelegenheit ein: "Natürlich ist das eine clevere und reizvolle Idee und mir fällt für das alte SKET-Areal auch nichts anderes ein." Allerdings sei die Landesgartenschau viel- mehr als Attraktion für kleinere und mittlere Städte gedacht und Magdeburg habe nicht nur die Buga schon gehabt, sondern noch andere kostenträchtige Vorhaben, für die Fördermittel fließen sollen; Beispiele Tunnel und Strombrückenzug. Schwenke, im Hauptberuf Landtagsabgeordneter, gestand eine gewisse "Erklärungsnot" gegenüber Kollegen, die schon fragten, was Magdeburg nun noch alles wolle.

Auf jeden Fall will Magdeburg (voraussichtlich 2020) auch Kulturhauptstadt Europas werden. Das ist eine Idee der Linken und die Bewerbung beschlossene Sache. Aus den Wortmeldungen von Karin Meinecke und Oliver Müller sprach einige Sorge vor einer Konkurrenz zwischen Kulturhauptstadt- und Gartenschauambitionen. Beide ließen kaum ein gutes Haar an der Gartenschauidee. Die Interventionen gipfelten in Müllers Rezitationen aus einem Gartenschau-Runderlass des Landes, der eine frühe Beteiligung der Gärtner am Schaukonzept vorschreibt und wollte wissen, ob die auch gewährleistet sei.

OB Lutz Trümper (SPD) erinnerte: "Wir hatten acht Wochen Zeit für die Machbarkeitsstudie. Ich hatte ein Wochenende, sie zu lesen." Bis Jahresschluss muss die Bewerbung beim Land eingereicht sein. Für Gärtner- und andere Beteiligungen war keine Zeit, aber es bleibt noch genug. Die Laga wird 2018 ausgerichtet - in Südost, wenn Magdeburg denn im Frühjahr 2012 den Zuschlag bekommt. Fünf Millionen Förder-Euro sind dann zugesagt; die Stadt kalkuliert mit 29 Millionen aus verschiedenen Fördertöpfen und will 14 Millionen - in Jahresscheiben - selbst beisteuern. Ob dieser Plan aufgeht, das erachtet auch Trümper als ungewiss. Die Landesgartenschau ist noch nicht mehr als eine Vision. Eine sehr schöne Vision, befand am Donnerstag eine klare Ratsmehrheit.