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Industrie- und Handelskammern fordert Korrekturen bei neuer Wirtschaftsförderung "Landesenergieagentur ist überflüssig"

Von Torsten Scheer 13.03.2013, 01:16

Magdeburg. Die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt verlangt Nachbesserungen bei der Wirtschaftsförderung. Stark in der Kritik steht die neu geschaffene Landesenergieangetur (LENA). Die Industrie- und Handelskammern zweifeln deren Notwendigkeit sogar gänzlich an.

Die Wirtschaftspolitik in Sachsen-Anhalt muss aus Sicht der Industrie- und Handelskammern in Magdeburg und Halle nachjustiert werden. Die Kammern haben insbesondere zwei Baustellen ausgemacht: die Landesenergieagentur LENA und die Wirtschaftsförderung.

Die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, Carola Schaar, monierte, dass die Energieagentur mit Aufgaben betraut würde, die bei den Wirtschaftskammern im Land oder bei Verbraucherzentralen bereits "in besten Händen" seien.

Die landeseigene Gesellschaft soll unter anderem Unternehmen, Bürger und Kommunen in Energiefragen beraten und bestehende Angebote bündeln.

"Wir sind nicht davon überzeugt, dass wir diese neue Behörde wirklich brauchen", sagte die Präsidentin gestern in Magdeburg bei der Vorstellung des Lageberichts beider Kammern unter der Überschrift "Wirtschaft in Sachsen-Anhalt 2012".

An der Energieagentur hatte es immer wieder Kritik gegeben. Die Linke im Landtag rügt, dass die Agentur mit Führungspersonal "üppig ausgestattet" sei. Die Energieagentur soll neun Mitarbeiter haben. Der Rechnungshof hat deren Bezahlung bereits beanstandet. Der Geschäftführerposten soll mit 6500 Euro monatlich dotiert sein, Stellen von Fachbereichsleitern mit 4900 Euro. Das Land bezuschusst die Energieagentur mit jährlich über eine Million Euro. Bemängelt wurde vom Landesrechnungshof zudem ein fehlendes Unternehmenskonzept.

Auch deshalb lehnen die Kammern eine Mitarbeit im Aufsichtsrat der Energieagentur derzeit ab.

"Die Landesregierung steht im Kontakt mit den Kammern und hofft, diese von den Vorteilen einer Mitarbeit im Aufsichtsrat der LENA noch überzeugen zu können", sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Wolfgang Borchert. "Wir sind davon überzeugt, dass wir die Einrichtung dringend brauchen." Die Agentur solle unter anderem die Ziele des Landes in den Bereichen Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energiesysteme begleiten.

Kritik kommt von den beiden Kammern auch an der Wirtschaftsförderung im Land. Die Kammern plädieren dafür, knapper werdende öffentliche Mittel von EU, Bund und Land "sinnvoll einzusetzen". "Wir sollten uns also nicht in Neben- und Querschnittszielen wie zum Beispiel Chancengleichheit und Nachhaltigkeit verzetteln", betonten Schaar und der Präsident der Industrie- und Handelskammer Magdeburg, Klaus Olbricht: "Man kann nicht mit einem einzigen Hammerschlag mehrere Nägel gleichzeitig versenken."

Sachsen-Anhalt hatte im vergangenen Jahr die Wirtschaftsförderung umgestellt. Es gibt einen Basisfördersatz, der nach einem Punktesystem aufgestockt werden kann. Einen Bonus bekommt beispielsweise ein Unternehmen, das sich an die Tarifverträge hält. Außerdem fallen Branchen wie die Recyclingwirtschaft oder Bioethanol aus der Förderung heraus.

Auch dies ist den Kammern ein Dorn im Auge. "Wir möchten dringend vor pauschalen Vorfestlegungen auf bestimmte Branchen oder sogenannte Leitmärkte warnen", sagte Schaar. "Das würde bedeuten, alle anderen Unternehmen von vornherein auszuschließen - eine klare Wettbewerbsverzerrung."

"Der Fokus unserer Investitionsförderung liegt auf wertschöpfungsstarken und innovativen Unternehmen, die hochwertige Jobs schaffen", sage Wirtschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU) der Volksstimme. Diese seien typischerweise nicht in der Baustoffproduktion oder im Großhandel zu finden. "Dennoch können auch Unternehmen aus diesen Branchen gefördert werden, wenn sie besonders innovationsorientierte Pläne haben", betonte sie. "Dafür sehen die Landesregelungen eine Ministererlaubnis vor, von der wir durchaus Gebrauch machen."

Die Kammern forderten die Landesregierung zudem auf, die Gründungsförderung zu vereinfachen. Nötig wäre, besonders kleinen und mittleren Unternehmen einen einfachen Zugang zu Finanzierungsinstrumenten zu ermöglichen.

"Die Exporte ziehen wieder an."
IHK-Präsident Klaus Olbricht

Was die wirtschaftliche Entwicklung in Sachsen-Anhalt angeht, sind die Unternehmen nach einer konjunkturellen Abkühlung im vergangenen Jahr für die kommenden Monate wieder "verhalten optimistisch". "Vor allem aus der Investitionsgüterindustrie kommen wieder positivere Signale", sagte Olbricht. "Auch die Exporte ziehen wieder an."

Im vergangenen Jahr habe insbesondere eine schwache Nachfrage aus dem EU-Raum zu einer konjunkturellen Eintrübung geführt, erläuterte Olbricht. Besonders die Industrie, das Dienstleistungsgewerbe und der Handel seien davon betroffen gewesen.