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Marcel und Thomas Dörrer sind von Parteien und Politikern enttäuscht Debatte um Gleichstellung sorgt bei Homosexuellen für Kopfschütteln

14.05.2013, 01:18

Halle l Seit mehr als zehn Jahren leben Marcel und Thomas Dörrer in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Ein umständlicher Name für das, was für die beiden Hallenser die normalste Sache der Welt ist. "Wir fühlen uns als Verheiratete und sind es ja eigentlich auch. Nur Ehe nennen dürfen wir das nicht", sagt Thomas Dörrer und schüttelt dabei mit dem Kopf. Dass sich einige Politiker gegen die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe sperren, ärgert den 37-Jährigen. "Wir bedrohen die Ehe von Mann und Frau nicht. Nur weil jemand durch die Gleichstellung etwas bekommt, wird den anderen nichts weggenommen", sagt er.

Grundsätzlich sei die Lebenssituation für Homosexuelle in Deutschland zwar nicht schlecht, ergänzt sein Partner Marcel. "Doch beim Steuer- und beim Adoptionsrecht muss noch was passieren", sagt er.

Über zwei verschiedene Wege könnten "Homo-Ehe", wie eingetragene Lebenspartnerschaften oft bezeichnet werden, und Ehe in Deutschland gleichgestellt werden: Entweder die Ehe wird für Homosexuelle geöffnet oder die Lebenspartnerschaften werden der Ehe insoweit gleichgestellt, dass sie alle gleichen Rechte und Pflichten erhalten.

"Ich wähle keine Partei, die mich benachteiligt." - Thomas Dörrer

"Wie das gemacht wird, ist uns eigentlich egal. Das Ziel sind gleiche Rechte. Aber natürlich hört sich Ehe viel besser als eingetragene Lebenspartnerschaft an", sagt Thomas Dörrer. "Doch wenn die CDU auf dem anderen Weg endlich zu einem Kompromiss bereit wäre, stört mich das auch nicht."

An der Politik gestört haben sich Marcel und Thomas Dörrer in den vergangenen Jahren reichlich. "Ich wähle keine Partei, die mich benachteiligt. Das ist doch klar", sagt Thomas über die CDU. Doch auch von den anderen Parteien ist er ein wenig enttäuscht. "Vor der letzten Bundestagswahl hat die FDP in unserer Szene massiv Werbung gemacht und angekündigt, die Lebenspartnerschaften der Ehe gleichzustellen. Passiert ist nichts", sagt er.

Der 37-Jährige ist von Beruf Arzt. In einem kleinen Ort bei Halle hat er eine eigene Praxis. Ein Problem ist seine Homosexualität für seine Patienten nicht. "Die Leute kommen gern", sagt er. Dass sie schwul seien, würden sie zwar nicht jedem gleich auf die Nase binden. "Aber wir lügen auch nicht", sagt Thomas Dörrer, der vor ein paar Jahren einen katholischen Arbeitgeber hatte. "Ich war ganz offen schwul, es gab keine Probleme", sagt er.

Für Marcel Dörrer ist diese Erfahrung ein Beweis, dass Homosexualität in der Gesellschaft inzwischen akzeptiert ist. "Familie und Freunde von uns haben überhaupt keine Probleme. Auch viele Christen in unserem Umfeld nicht. Wenn nun sogar zwei Drittel der CDU-Mitglieder für die Gleichstellung sind - worauf wartet die Politik eigentlich noch?", sagt er. Die Ehe zu öffnen hätte schließlich nicht zur Folge, dass plötzlich alle Menschen homosexuell werden würden, sagt Marcel Dörrer.

"Die Vorurteile in der Gesellschaft nehmen ab." - Marcel Dörrer

Gemeinsam hoffen die beiden Hallenser darauf, dass das Bundesverfassungsgericht bald ihre Position stärkt. "Weil Schwarz-Gelb nichts ändert", sagt Thomas Dörrer. "Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen. Ein Gericht sagt in einer Entscheidung nach der nächsten: Unsere Gesetze sind verfassungsfeindlich. Und die Regierung wird selbst nicht aktiv."

Aktiv werden möchten Marcel und Thomas Dörrer eigentlich gern bei der Familienplanung. "Adoption ist für uns ein Thema. Aber solange es kein gemeinsames Adoptionsrecht gibt, machen wir das nicht", sagt Marcel Dörrer.

Bisher ist in Deutschland für Lesben und Schwule nur die Sukzessivadoption gestattet. Dabei adoptieren eingetragene Lebenspartner nacheinander ein Kind oder einer der Partner das leibliche Kind des anderen.

Für Marcel und Thomas Dörrer bietet dieses Verfahren nicht genug Sicherheit. "Was ist mit dem Kind, wenn einem der Partner plötzlich etwas zustößt?", fragt Thomas Dörrer enttäuscht. Er fühlt sich diskriminiert: "Denn es hängt ja auch Lebenszeit dran. Wir hätten einem Kind seit Jahren ein Zuhause schenken können."

Vorerst bleibt den beiden Männern aus Halle nur, weiter abzuwarten. Und sich über die kleinen Erfolge zu freuen. "Schwulenpolitik wurde lange Zeit nur von Schwulen gemacht. Mittlerweile kommt sie immer verstärkter aus der Mitte der Gesellschaft. Das ist gut", sagt Marcel Dörrer. "Die Vorurteile gegenüber Homosexuellen nehmen in der Gesellschaft ab."