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Netzwerk zur Weltraumforschung gründet sich an der Magdeburger Universität Physik und Medizin beim Rendezvous in der Schwerelosigkeit

Von Elisa Sowieja 03.07.2013, 03:17

Magdeburg l Die Physiker schicken ein Kästchen mit Metallstäbchen ins All, die Mediziner Dosen mit Schilddrüsen- und Immunzellen. Sie alle forschen an der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität zu einem gemeinsamen Oberthema: Schwerelosigkeit. Künftig wollen sie bei allen Einzelprojekten zusammenarbeiten. Dazu gründet sich heute Abend die "Magdeburger Arbeitsgemeinschaft für Forschung unter Raumfahrt- und Schwerelosigkeitsbedingungen" - kurz MARS. In diesem Netzwerk will man gemeinsam forschen und unterrichten.

Hauptziel des Ganzen: Die Hochschule will attraktiver für Nachwuchswissenschaftler werden. "Jungen Kollegen soll ein Netzwerk zur Verfügung stehen, in dem sie von mehreren Fachbereichen betreut werden können", sagt Professor Oliver Ullrich. Der Weltraumbiotechnologe leitet den Verbund.

Physiker holt sich Rat vom Techniker

Einer dieser jungen Kollegen ist Kirsten Hardt. Die 28-Jährige macht gerade ihren Doktor in Physik. Nebenbei baut sie Versuche, die sie dann per Rakete ins All schickt. "Wir testen, wie sich Ansammlungen von Teilchen bewegen, wenn man sie in Schwerelosigkeit anschubst", erklärt sie.

Dazu haben ihre Kollegen und sie ein Glaskästchen mit beweglichen Seitenwänden gebaut, in dem bunte Metallstäbchen liegen. Solche Grundlagenforschung hilft zum Beispiel der Lebensmittelindustrie - etwa, wenn es darum geht, wie sich Fließbänder bewegen müssen, um Müsli möglichst energiesparend zu transportieren.

Wenn Kirsten Hardt künftig am Stäbchen-Experiment werkelt, wird sie Forschern aus anderen Fachrichtungen bei Treffen und Telefonkonferenzen von Fortschritten berichten, ihren Rat einholen und ihnen stets aktuelle Ergebnisse zuschicken. Vielleicht plant sie mit ihnen auch gemeinsame Projekte. Neben Naturwissenschaftlern gehören zu dem Netzwerk Mediziner, Maschinenbauer und Verfahrens- und Systemtechniker. Seit 2006 haben sie insgesamt mehr als 40 Projekte angestoßen.

Weltraum-Vorlesung für mehrere Studiengänge

Ins All gelangen die Experimente der Magdeburger Wissenschaftler auf unterschiedlichen Wegen. Option eins: Man deponiert sie mit Kameras in einer Forschungsrakete. Option zwei: Man setzt sich samt Experiment in einen Airbus A300, der einen Parabelflug hinlegt - sprich so fliegt, dass die Maschine 20 Sekunden lang im freien Fall ist. Option drei: Man schickt seinen Versuch mit einem Raumschiff auf die internationale Raumstation ISS, wo die Astronauten in einem Labor für die Sachsen-Anhalter experimentieren. Letzteres durften die Magdeburger schon sechsmal nutzen.

Abgesehen von den Experimenten in Schwerelosigkeit wollen die Wissenschaftler auch beim Unterrichten zusammenarbeiten. "Wir bieten künftig zu Forschung unter Weltraumbedingungen dieselben Vorlesungen in mehreren Studiengängen an", sagt Ullrich. Zudem will man Abschlussarbeiten gemeinsam betreuen und für Medizintechniker zusammen Vorlesungen entwickeln.

Heute Abend wird ein prominenter Experte erklären, was er von dem Netzwerk hält: Den Festvortrag hält der erste Deutsche im Weltall, Sigmund Jähn.