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Papier aus dem Wissenschaftsministerium sieht Schließung des Fachhochschul-Standorts Magdeburg vor Wirbel um gestohlene Hochschul-Sparliste

Von Elisa Sowieja, Hagen Eichler und Michael Bock 06.09.2013, 01:07

Magdeburg l Eine am Donnerstag bekannt gewordene Liste aus dem Wissenschaftsministerium mit Sparvorschlägen für Sachsen-Anhalts Hochschulen hat einen Proteststurm entfacht. Vorgeschlagen wird etwa, in der Landeshauptstadt den Standort der Hochschule Magdeburg-Stendal zu schließen. Wissenschaftsminister Hartmut Möllring (CDU) sagt, er kenne das Papier nicht - es sei gestohlen worden.

Möllring nahm den Vorgang so ernst, dass er am Mittag alle Termine absagte und aus Aschersleben zurück ins Ministerium fuhr. Bei einer Pressekonferenz sagte er, die Einsparvorschläge seien in der vergangenen Woche auf unterster Arbeitsebene verfasst worden und hätten nicht einmal den zuständigen Referatsleiter erreicht. Auf Nachfrage sagte er, das Originaldokument sei gestohlen worden: "Es lag im Posteingang, aber jemand muss es weggelegt haben." Dass ein Vorgang schneller zur Presse gelange als zum Minister, entspreche "sicher nicht einer ordnungsgemäßen Verwaltung", bemerkte er süffisant. Auf eine Strafanzeige will Möllring aber verzichten: "Damit würde man mit Kanonen auf Spatzen schießen."

In dem durch den MDR öffentlich gewordenen Papier aus dem Ministerium wird für die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vorgeschlagen, die Fakultät Humanwissenschaften zu schließen. Das würde die Bereiche Pädagogik, Erziehungswissenschaften, Germanistik, Geschichte, Philosophie, Fremdsprachen, Politikwissenschaften, Psychologie und Soziologie betreffen.

Insgesamt sollen an der Magdeburger Uni bis 2025 Einsparungen von 8,5 Millionen Euro erbracht werden. Die Zahl der Studienplätze würde um 3600 sinken, beim Personal fielen 560 Stellen weg, davon allein 39 Professuren.

Für die Hochschule Magdeburg-Stendal werden Einsparungen von 6 Millionen Euro vorgeschlagen. Der Standort Magdeburg soll komplett geschlossen werden. Teile sollen nach Stendal verlagert werden, darunter Sozialwissenschaften und Gesundheitswesen. Die Zahl der Studienplätze an der Hochschule würde um 1200 sinken, die Zahl der Mitarbeiter um 50.

An der Hochschule Merseburg sollen ebenfalls 6 Millionen Euro eingespart werden, 2100 Studienplätze würden wegfallen.

Würde das Land allerdings die angestrebte Einsparsumme von 53,2 Millionen Euro erreichen wollen, müsste auch die Hochschulmedizin in Halle geschlossen werden. Dis würde rund 22,7 Millionen Euro bringen. Doch diese Schließung sei ein "politisches Tabu", heißt es.

Der Schließungsvorschlag für den Medizinstandort in Halle sorgt seit längerem für Diskussion. In den vergangenen Monaten hatte es wegen der möglichen Einsparungen an den Hochschulen und Universitäten wiederholt größere Demonstrationen in Halle und Magdeburg gegeben.

Der Wissenschaftsrat hatte in einem Gutachten empfohlen, die erste Phase der Medizinerausbildung in Sachsen-Anhalt auf Magdeburg zu konzentrieren und den Standort Halle nur noch mit den Schwerpunkten Gesundheitswissenschaften und Pflege zu erhalten.

An der Martin-Luther-Universität sollen nach den Vorschlägen Medienwissenschaften, Informatik, Psychologie sowie Sport- und Geowissenschaften geschlossen werden. Das sind Einsparungen von 10 Millionen Euro. 1600 Studienplätze würden wegfallen und 250 Stellen beim Personal.

Minister Möllring lehnte es am Donnerstag ab, einzelne Vorschläge aus der Sparliste zu kommentieren. Er werde Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sein Konzept im Oktober vorlegen, sagte er.