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SPD will mehr direkte Demokratie, CDU und Kommunen lehnen das ab Koalitions-Zoff um Bürgerbeteiligung

Städte und Gemeinden warnen vor zu vielen Instrumenten direkter Demokratie in der neuen Kommunalverfassung. Die CDU äußert Verständnis, die SPD dringt auf noch mehr Bürgerbeteiligung. Der Koalition droht Zoff.

02.01.2014, 01:19

Magdeburg. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hat den Bürgern mehr Beteiligungsrechte versprochen. Doch ob es dazu kommt, ist fraglich. Das neue Kommunalverfassungsgesetz steht auf der Kippe: CDU und SPD streiten im Landtag heftig um die Ausgestaltung.

Doch nicht nur dort steht der Entwurf in der Kritik. Auch die Kommunen lehnen diesen ab. Ein Grund: Das Innenministerium will die Hürden für Bürgerbegehren senken. Müssen sich dafür derzeit 15 Prozent der Einwohner auf einer Unterschriftenliste eintragen, sollen es in Zukunft nur noch zehn Prozent sein. Mit dem folgenden Bürgerentscheid können Beschlüsse des Gemeinderates gekippt werden.

"Bürgerentscheide sind teuer."

Jürgen Leindecker

"Wir halten das für falsch. Lokale Initiativen dürfen die Arbeit von Verwaltung und Gemeinderat nicht konterkarieren", sagte Jürgen Leindecker, Landesgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, der Volksstimme. "Viele lassen sich für ein Thema begeistern - sehen aber nicht das große Ganze", kritisiert er.

Der Geschäftsführer des Spitzenverbandes warnt vor zusätzlichen Kosten für die Kommunen. "Bürgerentscheide sind teuer, die kosten zehntausende Euro. Und das nur, weil eine kleine Gruppe meint, es müsse über ein Thema abgestimmt werden?" Es gebe genug bewährte Beteiligungsmöglichkeiten, so Leindecker.

"Wir nehmen diese Bedenken ernst", sagte Jens Kolze, innenpolitischer Sprecher der CDU. "Wenn das mit den direktdemokratischen Instrumenten ausufert, wird das für viele Kommunalpolitiker frustrierend sein. Wer wird sich dann noch im Gemeinderat ehrenamtlich engagieren wollen?", so Kolze.

"Geringere Hürden bei Bürgerbegehren."

Rüdiger Erben, SPD

Beim Koalitionspartner SPD stoßen diese Töne nicht auf Gegenliebe. Viele Bürgermeister würden mehr direkte Demokratie aus egoistischen Motiven ablehnen, sagt Innenpolitiker Rüdiger Erben. "Denn wenn es einfacher ist, Bürgerentscheide einzuleiten, müssen sie nicht nur den Rat, sondern eben auch die Bürger ihrer Kommune mit ihren Entscheidungen überzeugen. Diese Art von Druck gefällt vielen nicht", sagte Erben der Volksstimme.

Dabei sei die befriedende Wirkung dieser Instrumente offensichtlich. "Siehe Olympia-Abstimmung in München. Mehr Bürgerbeteiligung sorgt für mehr Akzeptanz", so Erben. Der innenpolitische Sprecher sieht noch erheblichen Klärungsbedarf: "Ohne geringere Hürden bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden wird es mit uns keine Kommunalverfassung geben."